Montag, 14. Februar 2011
Magnetische Momente
Freiburg.- Die Schriftsteller stehen normalerweise bei Lesungen im Mittelpunkt. Doch was wäre manches Werk ohne eine gute Übersetzung? Die Reihe Freiburger Andruck stellt eine Übersetzerin vor: Beate Thill liest am 16. März Èdouard Glissants „Das magnetische Land“. In der Lesereihe „Freiburger Andruck“ lädt das städtische Kulturamt Freiburger Autorinnen und Autoren zu einer ersten Lesung ihres jeweils neuen Buches an wechselnden Orten in Freiburg ein. Die Reihe findet in Zusammenarbeit mit dem Literaturbüro Freiburg, der Stadtbibliothek, dem Theater Freiburg, dem Südwestrundfunk und der Badischen Zeitung statt.
Die Osterinsel, das einsamste Eiland auf der Welt, liegt fünftausend Seemeilen von jedem Ufer entfernt im Pazifik. Wer fuhr einst dorthin, unter höchster Gefahr, mit dem Segelschiff in mörderischem Seegang, und brachte Mythen zurück und berichtete von am Strand aufgestellten steinernen Riesen? Wer nimmt heute die Mühen eines viele Stunden dauernden Flugs auf sich, in diese Einsamkeit? Sylvie Glissant, die Frau des Autors, hat es gewagt, und sie hat zudem die Nächte ihres Aufenthalts auf einem von den Wellen gebeutelten Segelschiff verbracht. Wir lesen die Geschichte einer zeitgenössischen Entdeckung der Osterinsel, die zunächst die abweisende Natur und eine menschliche Einöde überwinden muss. Edouard Glissant wertet die Bilder und Berichte seiner Frau aus und verfolgt altchinesische, japanische Spuren, Traumpfade, die über die Insel verlaufen. Wer wohnt heute dort?
Die Freiburger Übersetzerin Beate Thill hat das französische Original kürzlich ins Deutsche übertragen und liest aus „Das magnetische Land“ in einer Veranstaltung der Reihe „Freiburger Andruck“. Thill, Jahrgang 1952, wuchs mit der deutschen und der französischen Sprache auf. Nach dem Studium der Anglistik und Geographie arbeitete sie als Redakteurin. Seit 1983 ist sie als freischaffende literarische Übersetzerin und Dolmetscherin bei Filmfestivals, Funk und Fernsehen tätig. Thill hat sich auf frankophone Literatur, hauptsächlich aus der Karibik, auf Film, Psychoanalyse und Feminismus spezialisiert.
Der französischen Schriftsteller, Dichter und Philosoph Édouard Glissant (1928-2011) gilt als der bedeutendste Autor der französischsprachigen Karibik und als intellektueller Vordenker zu Fragen postkolonialer Identität und Kulturtheorie. Glissant wurde auf Martinique geboren, kam 1946 nach Paris und begann dort ein Studium Philosophie, Ethnologie und Literatur. Anfang der 1950er Jahre erschienen erste Gedichte. Als Sprecher des Kongresses Schwarzer Schriftsteller und Künstler in Paris 1956 und in Rom 1959 stand Glissant im Zentrum intellektueller Diskussionen. 1958 erhielt er für seinen ersten Roman „Die Sturzflut“ den Prix Renaudot.
Bald schon schloss er sich künstlerisch- literarischen Zirkeln an und engagierte sich in antikolonialistischen Bewegungen. 1965 kehrte Glissant in seine Heimat zurück und gründete das Institut d’Etudes Martiniquaises als Kultur- und Forschungszentrum. Von 1980 bis 1988 arbeitete er als Chefredakteur des UNESCO-Kuriers. Von 1995 bis 2007 war er Professor am Graduiertenzentrum der City University New York.
Die Lesung mit Beate Thill findet am Mittwoch, 16. März, um 20 Uhr im Winterer-Foyer des Theaters Freiburg statt. Bettina Schulte, Kulturredakteurin der Badischen Zeitung, moderiert. Eintrittskarten kosten 7, ermäßigt 5 Euro. Sie sind ab sofort in der Stadtbibliothek am Münsterplatz sowie am Tag der Veranstaltung an der Abendkasse erhältlich.
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