Montag, 23. Juni 2008

Kreative Köpfe: Christoph Quitmann

3land.- Dr. Christoph Quitmann, Grundlagenforscher am Paul Scherrer Insititut im Schweizer Villigen, findet poetische Namen für das Objekt seiner Neugierde. "Tanz der Domänen" nennt er folgendes Phänomen: In magnetischen Teilchen von wenigen Tausendstel Millimeter gibt es Bereiche, wo die Magnetnadeln aller Atome in dieselbe Richtung zeigen. Das sind die Domänen, die er untersucht - und zwar mit Hilfe des Röntgenlichts der Synchrotron Lichtquelle, die extrem kurze und extrem helle Pulse erzeugen kann. Ihn interessieren nicht nur die Eigenschaften dieser Domänen, sondern auch, was geschieht, wenn er äußere Magnetfelder anlegt. Ein möglicher Anwendungsbereich: die Computerfestplatten. Je schneller die wechselnden Muster der Speicherelemente wieder hergestellt sind, desto schneller kann der PC speichern. Forschung ist auch eine kulturelle Leistung, sagt Quitmann. Zu Recht. Heute hat er die 15 Fragen für 3land.info beantwortet.

Lebensmotto?
Wer nicht sagt, was er will, bekommt, was er befürchtet.

Sternzeichen?
Spielt für mich keine Rolle.

Jahrgang? 1963

Wie würden Sie sich und Ihre Arbeit beschreiben (Ihre Antriebsfedern, die Themen, die Materialien; was wollen Sie für sich und die anderen damit erreichen?)?
Ich werde durch Neugierde angetrieben. Wie funktioniert eigentlich die Welt um mich herum? Das will ich erforschen. Neugierde und Spieltrieb sind urmenschliche Eigenschaften. Durch die Neugier haben Menschen die Welt entdeckt, sie haben gelernt, das Feuer zu bändigen, Metalle zu verarbeiten, ihr Wissen in Schriftform zu verewigen und auf den Mond zu fliegen. Viele wichtige technische Errungenschaften sind das Produkt von Neugier und nicht von gezielter Planung. Beispiele sind der Transistor und damit der Computer, der Laser, aber auch das Internet.

Was bedeutet es für Sie, im Bereich Forschung/Wissenschaft zu arbeiten und wie fing alles an?
Angefangen hat es wohl mit meiner Neugierde. Schon als Kind muss ich meine Eltern ziemlich mit Fragen genervt haben. Ich wollte verstehen, wie und warum etwas funktioniert. Für den Bereich der Natur hat das gut geklappt, aber als ich auch die Autoritäten in der Schule hinterfragt habe, bin ich doch manchmal in Schwierigkeiten gekommen.

Familie, erblich vorbelastet?
Ja, muss ich wohl sagen. Mein Vater war schon Physiker und unter meinen Vorfahren gab es viele, die ihre Neugier zum Beruf gemacht haben, sei es als Naturwissenschaftler oder als Geisteswissenschaftler.

Noch eine andere "Profession"?
Ich versuche noch, professioneller Familienvater zu sein. Zwar habe ich darin nie eine Ausbildung erhalten, aber in meinem Leben ist das doch eine der wichtigsten Berufungen.

Hobbys?
Ich liebe es, die Landschaft im 3-Ländereck mit dem Mountainbike oder bei langen Läufen zu erkunden. Dies ist dann mein Training für Marathonläufe, an denen ich seit ein paar Jahren teilnehme.

Lebensstationen?
Aufgewachsen im damals noch geteilten Berlin (West); habe ich als Kind die Spannungen zwischen Ost und West hautnah erlebt. Dann Studium in Darmstadt und Florida (USA). Anschließend Lehrjahre in Madison (USA), Saarbrücken und Dortmund. Endlich ein Angebot am Paul Scherrer Institut in der Schweiz an einem neuen Projekt, der Synchrotron Lichtquelle Schweiz zu arbeiten: eine tolle Herausforderung. So hat es mich als Großstadtkind in den schönen Südschwarzwald verschlagen.

Vorbilder?
Isaak Newton (der einzige Wissenschaftler, der sich so viel Anerkennung erarbeitete, dass er in der Westminster Abbey begraben wurde), Emanuel Kant (ein Aufklärer, der neue Standards formuliert hat, wie Menschen miteinander umgehen sollten), Jesus (jemand, der mit dem Prinzip der Nächstenliebe ein revolutionäres Gesellschaftskonzept gefordert und gelebt hat).

Die größten Stärken?
Phantasie, die Fähigkeit andere Menschen zu begeistern, Ausdauer, Frustrationstoleranz und der Halt, den meine Familie mir gibt.

Die größten Schwächen?
Impulsivität, schwache Mathematikkenntnisse.

Ich mag?
Ich arbeite gerne mit meinen Kollegen zusammen, die aus fast 25 Ländern dieser Welt kommen. Meine Arbeit, Herausforderungen, ein gutes Buch, Sonnenschein, Zeit mit Familie und Freunden verbringen.

Ich mag nicht?
Langeweile, Prinzipienreiter, Leute, die sich auf Kosten anderer Vorteile verschaffen.

Ich wünsche mir?
Dass Menschen aus verschiedenen Kulturen friedlich an einem gemeinsamen Ziel arbeiten, so, wie es in der Wissenschaft schon manchmal der Fall ist.

Homepage: http://people.web.psi.ch/quitmann/index.html
E-Mail: mailto:Christoph.quitmann@psi.ch

- und natürlich eine Anmerkung, falls gewünscht.
Wenn Sie neugierig geworden sind und Lust haben zu sehen, wie Forscher arbeiten, dann besuchen Sie doch meine Kollegen und mich am Paul Scherrer Institut. Wir bieten ein Museum (PSI Forum) und massgeschneiderte Führungen von handfesten Forschern für Gruppen.
Ich bin ja ausserordentlich froh, als Wissenschaftler in dieser Kolumne, die eigentlich Künstlern gewidmet ist, zu erscheinen! Ich betrachte Wissenschaftler als Kulturschaffende. Als Galileo Galilei entdeckte, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, da schuf er ein Kulturgut welches sicher so bedeutend ist wie Leonardo da Vincis Mona Lisa. Erkenntnis verändert das Bewusstsein und damit unser Leben.
Auf einer Webseite 3land.info fühle ich mich gut aufgehoben. Ich arbeite in der Schweiz, lebe aber in Deutschland. Fast ein Drittel unserer Kunden und Kollegen sind Franzosen. So leben wir den Gedanken der internationalen Zusammenarbeit und nur durch sie können wir unsere komplizierten Forschungsprojekte realisieren.

Bilder:
- Dr. Christoph Quitmann, Quelle Quitmann
- Christoph Quitmann und Arantxa Fraile Rodriguez untersuchen am PSI mit Synchotronlicht, wie magnetische Teilchen auf die Anregung durch Laserimpulse reagieren. Foto: H. R. Bramaz, PSI

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