Freitag, 17. Juli 2009

Impressionen vom "Roten Mann"

Zürich.- Das Nordamerika Native Museum (NONAM) der Stadt Zürich hat seine Ausstellung mit Indiander-Malereien des Schweizers Karl Bodmer bis 8. November verlängert. Sie gehören weltweit zu den wichtigsten Dokumenten über die Indianerkulturen am oberen Missouri.Die Ausstellung zeigt die volle Suite der 81 Kupferstiche, ergänzt von Objekten, die der Prinz während der Reise in Amerika sammelte. Diese Objekte befinden sich normalerweise in Sammlungen des Linden-Museums Stuttgart und des Ethnologischen Museums Berlin und werden hier erstmals wieder zusammengeführt. Damit wird "Karl Bodmer – Ein Schweizer Künstler in Amerika" zur bislang umfassendsten Dokumentation des Amerikawerks von Bodmer.

Der Zürcher Karl Bodmer unternahm an der Seite des berühmten deutschen Gelehrten Maximilian Prinz zu Wied von 1832 bis 1834 eine Forschungsreise nach Nordamerika. Seine Aufgabe war es, alle "Merkwürdigkeiten"im Bild festzuhalten. Aus der Zusammenarbeit der beiden Reisenden entstand ein monumentaler Reisebericht mit 81 meisterlichen Kupferstichen Karl Bodmers. Sie veränderten Europas Vorstellung von Amerika: Seine indianischen Portraits, Szenendarstellungen und Landschaftsbilder sind bis heute unerreicht.

Wer im frühen 19. Jahrhundert eine Reise unternahm, hatte noch keinen Fotoapparat im Handgepäck. Auch nicht Prinz Maximilan zu Wied, der 1832 eine "Reise in das innere Nord-America"plante. Wie aber sollte er seine Berichte für die Wissenschaft dokumentieren?
Er fand den jungen Zürcher Maler Karl Bodmer und nahm ihn mit auf ein grossartiges Abenteuer bei den Indianern am Oberen Missouri. Die Expedition dauerte 28 Monate. Während der Prinz sein Tagebuch schrieb und für seine Sammlung Naturalien zusammensuchte und Gegenstände von Indianern erwarb, skizzierte und aquarellierte Bodmer mehr als vierhundert Indianer-, Landschafts- und Tierbilder. Seine detailgetreuen Skizzen und Aquarelle, die später in einen monumentalen Reisebericht mit 81 meisterlichen Kupferstichen integriert wurden, sind bis heute unübertroffen und gelten als Höhepunkt in der bildnerischen Darstellung fremder Völker. Sie gehören weltweit zu den wichtigsten Dokumenten über die Indianerkulturen am oberen Missouri.

Allerdings wäre es eine fahrlässige Verkürzung, wenn man Bodmer, wie es leider allzu oft geschieht, auf den "ndianer-Bodmer"reduzierte. Seine Landschaftsdarstellungen sind in ihrer künstlerischen Qualität weit mehr als hoch stehende Dokumentationen der unberührten Landschaften Amerikas im 19. Jahrhundert. Sie sind auch wertvolle Zeugnisse der ersten einschneidenden Veränderungen durch das Vordringen der weissen Zivilisation. Das gesamte Originalwerk Bodmers, das sich heute in den USA befindet, gehört dort dank
einer weiten Verbreitung bis hin in die Schulbücher zum kulturellen Gedächtnis der amerikanischen Nation. Leider ist Bodmer in seiner Heimatstadt weitgehend in Vergessenheit geraten. "Das wird sich mit dieser faszinierenden Sonderausstellung bestimmt ändern», ist Stadtrat Gerold Lauber, Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, überzeugt. Die Sonderausstellung im NONAM vereint und zeigt – quasi als Weltpremiere – sowohl Bodmers volle Reihe der 81 Kupferstiche seiner Reise als auch Originalobjekte, die Prinz Maximilan zu Wied mit nach Europa brachte.

Als der Zürcher Maler Karl Bodmer in den Jahren 1834 bis 1836 zum ersten Mal in seinem Leben Indianern gegenüberstand, erging es ihm ganz anders als uns Heutigen, die wir Fremden täglich begegnen. Sie waren fremder als alles, was er bis dahin gesehen hatte, und er begann sie zu malen. Akribisch genau im Detail und doch mit dem unverkennbaren Blick eines Europäers seiner Zeit. Karl Bodmers Werke prägen unsere Wahrnehmung der indianischen Kulturen bis heute. Der Zürcher war nicht der einzige "ndianermaler"im 19. Jahrhundert. Verglichen mit anderen Darstellungen aber strahlen die Menschen, die er porträtierte, Individualität und Nobilitierung aus. Also appellierten sie an die Sehnsucht nach dem Bild des Indianers als "nobel savage». Und fanden dann, oft stark vergröbert, Verbreitung in allen damals aufkommenden Printmedien. Ironischerweise wurden auf diese Weise die Individuen, die Bodmer dargestellt hatte, zum Stereotyp des Indianers.


Weder Bodmer noch Wied arbeiteten im luftleeren Raum. Der Naturforscher Wied dachte und arbeitete interdisziplinär. Er forschte als Geologe, als Zoologe und als Botaniker, und diese naturwissenschaftlichen Studien sind für ihn zugleich die "schönsten aller Studien». Schön kann der zu studierende Gegenstand sein, und schön ist besonders die Beschäftigung damit. Wissenschaft und Ästhetik sind nicht zu trennen bei diesem Universalgelehrten. Der Künstler Bodmer hatte sein Handwerk ganz solide bei seinem Onkel J. J. Meyer aus Meilen, einem etablierten Landschaftsmaler, erlernt. Das 19. Jahrhundert war die Zeit der grossen Bildungsreisen. Es herrschte enormer Bedarf an Illustrationen bekannter Reisedestinationen. In diesem Feld konnte sich nur behaupten, wer die Techniken der Landschaftsdarstellung, der Perspektive und der Lichtführung beherrschte. Bodmer war so gut, dass er aus dem Feld der namenlosen Vedutenmaler herausragte und die Aufmerksamkeit des Gelehrten Wied auf sich zog. Beide, der Künstler und der Wissenschaftler, arbeiteten auf höchstem Niveau, in Wieds Reisebericht wird immer
wieder seine Hochachtung vor dem jungen Maler ausgesprochen.

Vom 18. August 2008 an blieb das NONAM infolge An- und Umbauarbeiten für Besucher geschlossen. Mit der Sonderausstellung "Karl Bodmer – ein Schweizer Künstler in Amerika"öffnete das Museum wieder seine Tore. Dank dem fertig gestellten Anbau verfügt das NONAM nun über einen attraktiven Mehrzweckraum für Workshops und Veranstaltungen.

Öffnungszeiten: Di bis Fr 13 – 17 Uhr Mittwoch 13 – 20 Uhr Sa und So 10 – 17 Uhr Montag geschlossen

Karl Bodmer – ein Schweizer Künstler in Amerika
8. Februar bis 8. November 2009
Nordamerika Native Museum
Seefeldstrasse 317
8008 Zürich
0041 (0)43 49924-40
http://www.nonam.ch

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