Mittwoch, 9. September 2009

Der Verführer von Sevilla

Zürich.- Von der Skrupellosigkeit eines Verführers, der ohne Rücksicht die Begegnung mit Eros und Tod sucht, handelt Mozarts Don Giovanni. Der Titelheld hat ebenso wenig Bedenken bei der Eroberung einer Frau wie bei der Begegnung mit der Statue des Steinernen Gastes, dem Sinnbild unbeugsamer Macht. Alle Ermahnungen zur Reue schlägt Don Giovanni aus. Furchtlos ergreift er im Finale die Hand des Komturs und wird in die Hölle gezogen.

Für Regisseur Sven-Eric Bechtolf, der seit 2006 gemeinsam mit seinen Ausstattern Rolf und Marianne Glittenberg einen neuen Mozart-Da Ponte-Zyklus am Opernhaus Zürich inszeniert hat, jagt Giovanni wie unvermeidlich in die eisige Umarmung seines letzten Rendezvous. Hier findet Eros zum Tod. Und fast erscheint es, als gehörten sie zusammen. Die Begegnung der Geschlechter sorgt am Ende für immer neues Leben. Und immer neu werden wir ja vom Tode selber aufgefordert, Leben zu schaffen. Ein Tanz mit immer gleichem Ausgang. Ein Tanz, der in goldenen Repräsen­tationsräumen, wie ein Fest gegeben wird. Zu dem Frauen und Männer geschmückt gekleidet sich versammeln, um am Ende dem Tod zu begegnen. Die Kritik lobte den Regisseur nach der Premiere für die genaue, ja virtuose Personenführung, mittels derer er die archaischen Modelle, das Mythische der Handlung beispielhaft lebendig macht und das Dramma giocoso in zynischer Heiterkeit vorantreibt (Opernwelt).

Unter der musikalischen Leitung von Theodor Guschlbauer warten die Don Giovanni-Vor­stellungen dieser Saison mit einer hochkarä­tigen Besetzung auf. Dabei ist die Titelpartie mit dem spanischen Bariton Carlos Álvarez einem der gefragtesten Giovanni-Darsteller unserer Tage anvertraut. Ruben Drole als Leporello, Elena Mos¸uc als Donna Anna, Malin Hartelius als Donna Elvira, Martina Janková als Zerlina, Christoph Strehl als Don Ottavio, Alfred Muff als Komtur und Reinhard Mayr als Masetto sind ihm würdige Mit- und Gegenspieler.

Mit dem religiösen Drama El Burlador de Sevilla y Convidado de Piedra (Der Verführer von Sevilla oder der steinerne Gast) des Tirso de Molina (das Pseudonym des Mönchs Gabriel Tellez) betrat 1613 erstmals die Don Juan-Gestalt die Bühne, deren Ausnahmecharakter seit über 300 Jahren nicht nur Schriftsteller und Musiker, sondern auch Philosophen und Wissenschaftler nachhaltig beschäftigte.

Seine Herkunft liegt im Dunkeln: Während die einen ihn als einen der spanischen Volksfantasie entsprungenen Mythos betrachten, in dem sich zwei ursprünglich nicht zusammenhängende Stoffkomplexe – die Liebesabenteuer eines jungen Draufgängers und die Bestrafung eines Frevlers durch die Erscheinung eines Standbildes – verbinden, nennen andere Quellen als Vorbild einen Don Juan Tenorio aus Sevilla, einen leichtsinnigen Verführer und Genussmenschen aus der Zeit Don Pedros des Grausamen, der, als er den Gouverneur von Sevilla ermordet hatte, von Mönchen in ein Kloster gelockt und heimlich hingerichtet wurde. Darauf sprengte man das Gerücht aus, die Grabstatue des Ermordeten sei lebendig geworden und habe den Mörder bestraft.

Von Spanien aus gelangte der Stoff dann nach Italien, wo in komödiantischen Bearbeitungen der Schwerpunkt auf der spektakulären Erscheinung des Standbildes und den Spässen von Don Juans Diener lag. In Frankreich, der nächsten Station, lenkte man den Fokus wieder mehr auf die Titelgestalt, der vor allem Molière in seinem Don Juan ou le Festin de Pierre (1665) neue Züge verlieh: Don Juan ist nicht mehr der einzig seinen sinnlichen Begierden folgende Verführer, sondern ein Freigeist, der sich über jegliche (Standes-) Grenzen hinwegsetzt, ein Atheist, der Gott nicht lästert, sondern leugnet.

Foto-Quelle: Opernhaus

Don Giovanni von W. A. Mozart
Mi 9. September 09, 19 Uhr

Weitere Vorstellungen:
13. September 09, 20 Uhr
16. September 09, 19 Uhr
18. September 09, 19 Uhr
Opernhaus Zürich
Falkenstrasse 1
CH - 8008 Zürich
0041 (0)44 26864-00
info@opernhaus.ch
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