Mittwoch, 2. Juni 2010
Barneys Sheet
Münchenstein/Basel.- Der amerikanische Künstler Matthew Barney ist in Basel. Im Schaulager richtet er seine grosse Ausstellung ein. Gleichzeitig dreht er in Basel und Umgebung den neuen Film "Drawing Restraint 17", der während der Ausstellung auf den LED-Wänden des Schaulagers erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird. Am 11. Juni eröffnet die aussergewöhnliche Ausstellung im Schaulager.
Im Rahmen der Vorbereitungen für die grosse Sommerausstellung baut der amerikanische Künstler zur Zeit im Schaulager einige seiner bekannten Arbeiten auf. Die Ausstellung präsentiert erstmals das gesamte "Drawing Restraint Archiv" der Öffentlichkeit. Die Arbeiten von Matthew Barney werden Kunstwerken aus dem 16. und 17. Jahrhundert gegenübergestellt.
Die Ausstellung präsentiert zudem zwei neue Arbeiten die exklusiv für die Ausstellung entstanden sind. Ausgehend von dem eindrücklichen Gemälde von Hans Baldung, gen. Grien „Der Tod und die Frau“, das in der Ausstellung zu sehen ist, entwickelte Barney die Idee zu einem Film, der die Grundelemente der “Drawing Restraint“-Serie in der lokalen Basler Umgebung verankert. DRAWING RESTRAINT 17 wird zur Zeit im Schaulager und der näheren Umgebung Basels gedreht.
Die Performance DRAWING RESTRAINT 18 wurde von Matthew Barney als ein Altarbild im von basilikaler Architektur inspirierten Grundriss der Ausstellung im Schaulager durchgeführt.
Drawing Restraint ist eine bisher 16teilige Serie von Performances, in denen Matthew Barney in einer Umgebung von selbstauferlegten physischen und psychischen Widerständen zeichnerische Markierungen setzt. Aus diesen Performances hervorgegangene Arbeiten wie Skulpturen, Schauvitrinen, Zeichnungen und Videos werden in der Schaulager-Ausstellung Kunstwerken der nördlichen Renaissance gegenu¨bergestellt.
Die Form kann nur dann Gestalt annehmen, wenn sie gegen einen Widerstand kämpft, lautet die Grundposition von Drawing Restraint (sinngemäss etwa: «verhindertes Zeichnen» oder «Zeichnen unter erschwerten Bedingungen»). Diese von Matthew Barney noch während des Studiums in Yale begonnene Reihe ku¨nstlerischer Aktionen war zunächst so angelegt, dass ihre Einrichtungen die Leichtigkeit des Zeichnens durchkreuzten. Die ersten Drawing Restraint-Performances bestanden aus Environments mit Rampen, Schrägen, elastischen Gurten und Hindernissen, die ausdru¨cklich dem Zwecke dienten, die Kunstfertigkeit des Ku¨nstlers einzuschränken. Im Verlauf der weiteren Entwicklung der Serie wurde das Setting der Performances dann immer ausgefeilter und die Erzählung immer allegorischer.
Aus den Performances entstammen Objekte, die als «sekundäre Formen“ - Zeichnungen, Skulpturen, Vitrinen oder Fotografien - bestimmte Aspekte der Handlung verfestigen. Die Objekte sind nie zufällig sondern immer sorgsam ausgewählt und arrangiert. Zudem wird jede Aktion auf Video dokumentiert. »Drawing Restraint 9" ist als Spielfilm angelegt und Matthew Barney agiert hier erstmals mit seiner Lebensgefährtin Björk, die auch den Soundtrack beisteuerte. Die beiden spielen ein Liebespaar, das eine rätselhafte Reise auf einem japanischen Walfangschiff antritt. In diesem Werk geht es um Metamorphosen, um eine Meditation u¨ber den Schöpfungsakt, um Tod und Auferstehung.
Bis anhin umfasst die Drawing Restraint-Reihe 16 Teile. Das so genannte Drawing Restraint Archiv umschliesst Skulpturen, Schauvitrinen, Videos und Zeichnungen. Das Archiv ist im Schaulager Ausgangspunkt einer bedeutend weiter gefassten Ausstellung mit Werken aus dem Besitz der Emanuel Hoffmann-Stiftung und zusätzlichen Leihgaben. Matthew Barneys Arbeiten treten hier in einen Dialog mit Kunstwerken der christlichen Ikonographie von Martin Schongauer, Albrecht Du¨rer, Urs Graf und weiteren mehr. Bei der Gegenu¨berstellung von Werken der Alten Meister und des Drawing Restraint-Archivs geht es aber nicht darum, eine Parallele zwischen der irdischen und religiösen Bildtradition zu ziehen. Die Anordnung versteht sich vielmehr als Versuch, latente Bedeutungsinhalte im Werk von Matthew Barney sichtbar zu machen. Es sind dies Aspekte wie Kraftanstrengung, Überwindung von Widerständen, Aufstieg und Fall, die auch in den Bildfindungen der christlichen Ikonographie eine eigene Tradition entwickelt haben.
Die Ausstellung gliedert sich im Schaulager in zwei Geschosse. Im Erdgeschoss wird das gesamte Drawing Restraint-Archiv ausgebreitet, kontrapunktiert von Holzschnitten, Stichen und Zeichnungen aus dem 16. und fru¨hen 17. Jahrhundert. Im unteren Bereich werden drei zu Drawing Restraint 9 gehörenden monumentalen Skulpturen – Torii, Cetacea, Occidental Restraint – präsentiert sowie erstmals ein neues Werk. Die Schau wird von Neville Wakefield kuratiert, den das Schaulager als Gastkurator fu¨r diese Ausstellung verpflichten konnte. Der New Yorker Autor und Ausstellungsmacher ist ein intimer Kenner von Matthew Barneys Werk und er realisiert das Ausstellungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Ku¨nstler und dem Team des Schaulagers. Die Ausstellung wird nur im Schaulager zu sehen sein.
Es erscheint eine Publikation in der Reihe der Schaulager-Hefte mit farbigen Abbildungen aller ausgestellten Werke, einem Einfu¨hrungsessay von Neville Wakefield und weiteren Texten. Herausgegeben von Schaulager und Schwabe Verlag, Basel. Preis ca. CHF 35.—
Die Ausstellung "Matthew Barney. Prayer Sheet with the Wound and the Nail" dauert vom 12. Juni bis 3. Oktober 2010.
Öffnungszeiten, Di, Mi, Fr, 12 - 18 Uhr, Do 12 - 19 Uhr, Sa, So10 - 17 Uhr
"Matthew Barney. Prayer Sheet with the Wound and the Nail"
12. Juni bis 3. Oktober 2010
Schaulager
Ruchfeldstrasse 19
CH - 4142 Münchenstein/ Basel
T +41 61 335 32 32
www.schaulager.org
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