Montag, 19. September 2011

Die 3land-CD-Besprechung: Fantaisies

Von Petra Gabriel

Er hatte ein bewegtes Musikerleben, dieser Josquin Desprez (1450-1521). Luther sagte über ihn: "Er war der noten meister, die habens müssen machen, wie er wolt". Da Vinci hat ihn gemalt. Und er ist auch den Heutigen nicht ganz unbekannt. Seine Werke werden immer wieder gerne gespielt von allen, die sich der Frührennaissance verschrieben haben. Hörbar gerne gespielt auch vom Ensemle Leones, dessen Gründer, Marc Lewon, in Grenzach-Wyhlen lebt und das dem Komponisten seine erste CD widmete: Les Fantaisies de Josquin - The Instrumental Music of Josquin Desprez.

Eine, die ihm gefallen hätte. Nichts von dem bemüht an heutige Hörgwohnheiten anbiedernden Klang mancher Einspielungen, sondern eine klare Linie. Technisch sauber, aber auch mit Gefühl, sich der Wirkung möglichst originalgetreuer Wiedergabe bewusst und deshalb besonders eindringlich. "Zum Seufzen schön", schrieb ein Kritiker. Stimmt.

Ab dem späten 15. Jahrhundert sind - anders als aus der Zeit davor - vergleichsweise viele Instrumentalstücken überliefert. Oft sind es Bearbeitungen von bereits existierenden Chansons. Beim Ensemble Leones wurden Josquins Instrumentalstücke - meist in verschiedenen Varianten - mit dem originalen Chanson zusammengefasst und bilden somit kleine "Suiten". Das ist eine der Besonderheiten, die diese CD auszeichnen. Doch es gibt noch weitere.

Alle Stücke werden auf zeittypischen Instrumenten gespielt. In den meisten Fällen von einem drei- oder vierstimmigen Ensemble aus Viola d'Arco (eine hervorragende Elisabeth Rumsey und ein ebenbürtiger Uri Smilansky), Vielle (ein tiefgründiger Baptiste Romain), Renaisancevioline und -gambe. Ebenso schön ist der gelegentliche Einsatz eines Zinks - ein sonst nur selten zu hörendes, aber von Gawain Glenton faszinierend vorgestelltes Instrument. Dazu gesellen sich die virtuos gespielte Quinterne (Marc Lewon) und eine von Kirsty Whatley wunderbar intuitiv und mit Schnarrhaken zum Klingen gebrachte Harfe. Ja, und dann wäre da noch der eindringliche Bariton von Raitis Grigalis zu erwähnen. So müssen sie sich angehört haben, die Minnesänger und Spielleut von damals.

Außerdem bietet die CD eine Weltersteinspielung: "Sei gelobt du Baum" von Arvo Pärt, also das Werk eines zeitgenössischen Komponisten. Er schrieb es zu Ehren des uralten kleinen Stammes einer Weißtanne, 2000 Jahre alt genau, der 1962 auf einem Schweizer Weingut ausgegraben worden ist. Aus dem Holz entstand Deckenholz für zwei Instrumente, eine Barockvioline und eine Quinterne. Die Komposition von Avo Pärt mit auf die CD zu nehmen, ist eine weitere Idee, die die CD der Leones, zu einem inspirierenden Debüt macht.

Das Ensemble
Das Ensemble Leones ist ein Zusammenschluss von Spezialisten, das sich unter Leitung von Marc Lewon, Grenzach-Wyhlen, der Aufführung Früher Musik verschrieben hat. "Dabei stehen die genaue Kenntnis der historischen Quellen, Virtuosität und Lebendigkeit in der Aufführung an vorderster Stelle", heißt es auf der Hompepage.

Die Besetzung des Ensembles variiert gemäß den unterschiedlichen Projektanforderungen. Ihre Mitglieder sind allesamt rege im Konzertbetrieb tätig und spielen ebenso bei anderen führenden Ensembles für mittelalterliche und Renaissance-Musik wie z.B. Ensemble Gilles Binchois, Ferrara Ensemble, Ensemble Unicorn oder arbeiten mit bekannten Solisten wie Andreas Scholl, Dominique Vellard oder Benjamin Bagby.

Marc Lewon studierte zunächst Musikwissenschaft und Altgermanistik an der Universität Heidelberg mit abschließendem Magistergrad cum laude. Anschließend absolvierte er ein Diplom-Aufbaustudium an der Mittelalterabteilung der Schola Cantorum Basiliensis bei Craw­ford Young (Laute), Randall Cook (Vielle) und Kathleen Dineen (Gesang), welches er mit Aus­zeichnung abschloss. 2007 erfolgte ein weiterer Abschluss in mittelalterlicher Vielle. Die Kombination aus wissenschaftlicher Forschung und langjähriger Konzerttätigkeit bieten ihm ideale Vorraussetzungen einer interdisziplinären Herangehensweise an die Erforschung und praktische Umsetzung von Musik des Mittelalters und der Renaissance.

Meine Lieblinge: Gleich Titel 1, Fantazies de Joskin in der Intavolierung von Marc Lewon; La spagna (10-11), Une musque de Biscaye (16-18); die suite 28-30 - A Dieu (Adieu) mes amours.

Diese erste CD-Veröffentlichung des Ensemble Leones ist beim Label Christophorus erschienen. Informationen zur CD, Tracklist und Trivia (als Ergänzung zum CD-Booklet); Hompeage: www.leones.de.

Besetzung: Raitis Grigalis - Gesang; Baptiste Romain - Renaissancevioline, Vielle; Uri Smilansky - Viola d'arco; Elizabeth Rumsey - Viola d'arco; Kirsty Whatley - gotische Harfe; Gawain Glenton - Zink; Marc Lewon - Laute, Quinterne, Viola d'arco; Leitung.

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