Zürich.- 1977 verkündete Alfred Andersch überzeugt, dass in der Literatur die
Frau «vollständige Gleichberechtigung erlangt» habe. «Es gibt heute
ebenso viele bekannte Schriftstellerinnen wie Schriftsteller. Jedenfalls
kann von Chancen-Ungleichheit nicht im Ernst gesprochen werden.» Das
hätte er noch zu Zeiten der Gruppe 47 trotz der beiden Preisträgerinnen
Ilse Aichinger und Ingeborg Bachmann so wohl nicht formuliert. Autorinnen zum Wiederentdecken bietet deshalb das Zürcher Museum Strauhof ab 26. September.
Wie aber passen Chancen-Gleichheit und das «Fräuleinwunder»
zusammen? Ein Literaturkritiker hat das Schlagwort aus den 1950er Jahren
kurz vor der Jahrtausendwende wieder ausgegraben und es hat über Nacht
alle Feuilletons erobert. Dabei haben genau um 1990 junge Autorinnen und
Autoren zum ersten Mal recht einträchtig die Bühne des
Literaturbetriebs betreten – zahlenmäßig und auch, was die
Selbstpräsentation betrifft. Noch nie vorher gab es neben kessen
Werbefotos von Autorinnen so viel erotisch aufgeladenes Bildmaterial
ihrer männlichen Kollegen.
Die Ausstellung untersucht die Traditionen in der Wahrnehmung von
Literatur aus weiblicher Hand, von Sophie von La Roche oder Louise Colet
bis zu Marieluise Fleisser oder Marlen Haushofer. War früher der
Begriff «Trivialliteratur» rasch zur Hand, so wurde später die
gutgemeinte Kategorie «Frauenliteratur» eingeführt, die es ebenso
erlaubt, Literatur von Autorinnen in eine gesonderte Schublade
abzulegen, wo sie leicht vergessen wird.
Die Ausstellung der Wiener Kuratorin Evelyne Polt-Heinzl und des
Gestalters Peter Karlhuber fragt in 30 Stationen nach den Ursachen, die
Schriftstellerinnen den Eintritt in den Literaturbetrieb erschwert, nach
Denkschablonen und Wahrnehmungsmustern, die den Blick auf ihre Werke
prägen. Sichtbar wird so auch, mit welchen Strategien Frauen immer
wieder den literarischen Raum für sich erobert haben. Im literarischen
Kanon freilich sind viele dieser Autorinnen noch nicht verankert. Die
Ausstellung kartografiert so auch einige weisse Flecken unseres
literarischen Gedächtnisses und weist auf Werke hin, deren Bewertung
vielleicht einer Revision bedarf.
Öffnungszeiten: Di bis Fr 12 - 18 Uhr, Sa und So 10 - 18 Uhr, Montag geschlossen
Gruppenbild mit Damen
Autorinnen zum Wiederentdecken
26. September bis 24. November 2013
Museum Strauhof
Augustinergasse 9
CH-8001 Zürich
T: 0041 (0)44 41231 39
www.strauhof.ch
Freitag, 20. September 2013
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