Montag, 27. Oktober 2008

Kreative Köpfe: Bettina Eichin

3land.- Die Basler Bildhauerin Bettina mischt sich ein. Ihre Werke spalten immer wieder die Gemüter. Ein Beispiel dafür ist ihre "Helvetia", die sich von der Reise ausruht und vom Pfeiler der Mittleren Brücke aus nachdenklich auf den Rhein schaut. Manche fanden, die bronzene Schönheit mit den nackten Beinen sei ungeeignet als Symbol für die Schweiz. Inzwischen ist die Skulptur aus der Basler Innenstadt nicht mehr wegzudenken. Bettina Eichins Anliegen war und ist es, den Klichees in den Köpfen ihre eigenen Frauenbilder entgegen zu setzen. Sie kämpfte und kämpft mit ihrer Kunst für die Gleichheit von Mann und Frau, für die Menschenrechte. Und sie lässt sich dabei nicht unterkriegen. Erst unlängst wurde sie zusammen mit der Anwältin Elisabeth Freivogel mit dem Chancengleicheitspreis beider Basel ausgezeichnet. Heute beantwortet Bettina Eichin die 15 Fragen für 3land.info.

Lebensmotto?
Gegen den Strom schwimmen

Sternzeichen?
Steinbock

Jahrgang?
1942

Wie würden Sie sich und Ihre Arbeit beschreiben (Ihre Antriebsfedern, die Themen, die Materialien; was wollen Sie für sich und die anderen damit erreichen?)?
Künstler jeder Sparte sind Chronisten ihrer Zeit und erzählen Geschichten. Ich möchte, dass die Geschichten, die ich als Werke erzähle, gelesen werden können, dass sie nicht nur hier und jetzt sondern für die Zukunft Zeichen setzen für Gerechtigkeit und für die Bewahrung von Natur und Umwelt

Was verstehen Sie unter guter Kunst und wie fing alles an?
Das ist ein weites Feld, sollen alle das als gut einstufen, was sie für gut befinden. Ich bin da gegen jede Doktrin und sehr großzügig.

Familie, erblich vorbelastet?
In der Familie gibt es Maler, Glasmaler, Architekten, Dessinateure

Noch eine andere „Profession“?
Keine

Hobbys?
Berge, Gärten, Blumen, Heilpflanzen, Kochen

Lebensstationen?
Bern, Fribourg, Bern, Israel, Patmos, Theben, Hamburg, Athen, Freiburg i.Br., Basel

Vorbilder?
Bettina von Arnim, Bertha von Suttner, Hannah Arendt

Die größten Stärken?
Sturheit

Die größten Schwächen?
Sturheit

Ich mag?
Musik

Ich mag nicht?
Lärm, Zerstörung, Unhöflichkeit

Ich wünsche mir?
Eine menschliche Gesellschaft ohne Waffen, Umwandlung aller Armeen in Katastrophenschutztruppen, Abschaffung des Raubkapitalismus, Respekt vor Mitmenschen und vor der Natur, eine gerechte Verteilung aller Ressourcen auf Frauen und Männer.

Fotos: Bettina Eichin, Helvetia auf der Briefmarke, Bettina Eichin bei der Arbeit an ihrem Menschrechtsdenkmal. Repro 3land/Quelle: Bettina Eichin

Freitag, 3. Oktober 2008

Die Buchbesprechung: Wenn's Gott dämmert

3land.- Gott ist ja wohl allwissend, dazu noch omnipotent. Und ganz offensichtlich ein Mann. Wenn er nämlich das Paradies samt den dazugehörigen, schon aus der Bibel bekannten Bewohnern schafft, dann erinnert sein Frauenbild eindeutig an Lara Croft. Insofern ist Gott auch ganz modern. Ist ja auch kein Wunder, Walter Hürster hat ihn modernisert. Das alles kommt Ihnen kraus und ungereimt vor? Ist es, und gleichzetig durchaus ordentlich gereimt, auch noch auf Alemannisch. "Die alemannische Schöpfungsgeschichte" heißt das Buch, das besagter Walter Hürtser nach einem Lustspiel von Sebastian Sailer verfasst hat. 60 Seiten von der Erschaffung der Welt und des Paradieses bis zur Vertreibung von Adam und Eva aus demselben.

Was, Sie kennen Sebastian Sailer nicht? Er war ein oberschwäbischer Ordensmann mit offenbar deftiger Vorstellungskraft (das soll bei Ordensmännern ja nicht so selten sein), der im 18. Jahrhundert lebte und durch Witz und Schlagfertigkeit bekannt wurde. Das zumindest behauptet der Prospekt der Edition Isele, in der das Büchlein herausgekommen ist. Schon Sailer hat sich demnach für seine Version von der Erschaffung der Welt der Mundart bedient, wahrscheinlich der Oberschwäbischen.

Hürster hat die Geschichte dann ins Alemannische übertragen. Eine bemerkenswerte Beschäftigung für einen gebürtigen Ortenauer, der einst in Freiburg Phyik studierte. Aber warum auch nicht. Erstens ist das so etwas wie halb postume badisch-schwäbische Völkerverständigung, und zweitens gibt es inzwischen Mundartdichter, die sich sogar mit japanischen Haikus beschäftigen. Dagegen ist ein Sailer nur noch periferes Ausland.

Jedenfalls hat Gott sich offenbar viele Gedanken gemacht, bevor er die Welt erschuf. Was man wiederum verstehen kann, da war ja auch einiges zu bedenken. Gottdämmerung nennt man so etwas, denn es hat im sozusagen gedämmert (es gab ja anfangs noch kein Licht). Allerdings ist nicht so ganz klar, ob diese Überlegungen - die manchmal wirklich so kraus und reifüberzogen anmuten wie Grünkohl im Winter - jetzt der Sailerschen oder der Hürsterschen Fassung entspringen. Ist ja eigentlich auch egal. Gott kann schließlich alles, also darf er auch ein bisschen kraus sein. Für jene Leser, die es lieber intellektueller wollen, fügt der Verlag seiner Ankündigung noch eine künstlerisch wertvolle Erklärung bei: Diese Schöpfungsgeschichte ist demnach ein "Dialektspiel" aufgebaut aus "Arien und Rezitativen, ein dreiaktiges Melodram mit vier Rollen (Gott, Adam, Eva, bis zur vierten bin ich offenbar nicht gekommen oder es ist eine verschwindend kleine Rolle) sowie einer Singstimme (wo war die denn nun wieder?), "das in seiner musikalisch und szenisch aufgebauten Form der Bänkelsängertradition verbunden ist".

Ja, wer's mag...

Zum Alemannisch lernen ganz gut zu gebrauchen. Oh Gott.

Infos:

Hürster, Walter
Die alemannische Schöpfungsgeschichte.
In Mundart erzählt nach einem Lustspiel von Sebastian Sailer
64 Seiten
Hardcover

Belletristik, Erzählungen/Kurzprosa
978-3-86142-435-2

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