Dienstag, 17. Februar 2009

Erstein: Lieben auf den ersten Blick (bis 18. 9.)



















Erstein
.- Um Herzensangelegenheiten geht es in der neuen Ausstellung (19.2 - 18.9.2009) des Museums Würth im elsässischen Erstein. Oder besser "Um Liebe auf den ersten Blick", auf Französisch "Coups de coeur". Die Sammlung Würth wurde in den 1960er Jahren durch den Unternehmer Reinhold Würth initiiert und geprägt. Die dynamische Entwicklung spiegelt sich in der aktuellen Ausstellung mit Fokus auf jüngste Erwerbungen.Die Auswahl für "Liebe auf den ersten Blick – bezieht sich auf den persönlichen Zugang zur Kunst und zum Sammeln anspielt und wurde von Werner Spies, Kunsthistoriker und Vorsitzender des Kunstbeirats der Würth-Gruppe, getroffen. In ihrer Vielfalt ermöglicht die Ausstellung, obgleich keineswegs repräsentativ für die gesamte Sammlung oder die Kunstgeschichte an sich, eine ausdrucksstarke Entdeckungsreise durch die Kunst der letzten 150 Jahre. In unterschiedlichen Kapiteln und Werkgruppen sind wesentliche Stilrichtungen und ihre Merkmale erseh- und erlebbar.

Aufbruch in die Moderne
Die moderne Kunst setzt in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts mit den Impressionisten ein: Die schnelle, spontane Faktur der Werke von Eugène Boudin, Camille Pissaro oder auch Max Liebermann vermittelt einerseits die Flüchtigkeit der visuellen Wahrnehmung der Dinge sowie den individuellen, subjektiven Eindruck des Malers, der, anstatt die Realität wiederzugeben, versucht, der internen Harmonie der Komposition gerecht zu werden. Diese innovative Vorgehensweise bildete das Fundament der Moderne.

Klassische Moderne
Die stilistische Vielfalt, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts entfaltet, spiegelt sich in der Sammlung hauptsächlich durch Hauptwerke der expressionistischen Bewegungen wider. Um 1900 beginnen die Künstler, sich vom Primat der Gegenständlichkeit zu lösen. Es geht nicht mehr darum, das mit dem bloßen Auge Wahrgenommene wiederzugeben, sondern darum, eine Verbindung zwischen äußeren und inneren Bildern zu schaffen. Während Emil Nolde, der Kunstbewegung „Die Brücke“ angehört, ein chromatisches Vokabular entwickeln, das mit einem Formrepertoire verbunden ist, welches die visuelle Wirklichkeit ins Wanken bringt, bemühen sich die Künstler des „Blauen Reiters“, zu denen u.a. Heinrich Campendonk zählt, um einen vom Gegenstand unabhängigen Ausdruck an der Grenze zur Abstraktion. Künstler mit einer weitaus persönlicheren Entwicklung wie Paul Klee oder Max Beckmann tragen durch die Entwicklung einer poetischen Traumbildsprache zur Vielfalt der klassischen Moderne bei.

Surrealismus
Der Surrealismus wurde in den Pariser Literaturkreisen zu Beginn der 1920er Jahre geboren. Mittels vollkommen neuer schöpferischer Techniken versuchen die Künstler dieser Bewegung Träume, Fantasie und das Unbewusste darzustellen. Der poetische Funke, der die Surrealisten antreibt, entspringt wie in den Werken von Max Ernst oder René Magritte oftmals der außergewöhnlichen Verbindung von an und für sich fremden Elementen. Was André Masson anbelangt, so malt er – ausgehend vom automatischen Schreiben – vollkommen frei. Die Arbeiten von Hans Arp, die vom Gesetz des Zufalls bestimmt sind, oder jene von Joan Miró offenbaren sich eher in abstrakten Formen und sind Ergebnis einer spielerischen Vorgehensweise.

Kunst nach 1945
Das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Zusammenbruch der Nazi-Gewaltherrschaft ermöglichen nach Jahren der Verfolgung die Rehabilitierung der modernen Kunst in der westlichen Kultur. Der malerische Akt an sich wird zum Sujet des Bildes. Die Künstler arbeiten immer aktiver an der Erweiterung des traditionellen Kunstbegriffs. Der Rahmen des Bildes wird gesprengt, während die traditionellen Genres verschwimmen.
Die in der Sammlung Würth durch Victor Vasarely und Jesús Rafael Soto vertretene Kunstrichtung der Op Art fordert die Wahrnehmung des Betrachters durch optische Illusionen heraus.
Die New-Yorker Kunstszene erlebt ebenfalls eine bedeutende Blüte. Die Pop Art erneuert die Inspirationsquellen der Kunst: Roy Lichtenstein z.B. stützt seine Werke auf Zitate, die Verwendung von Bildern und Motiven aus der Kunstgeschichte oder aus dem alltäglichen Leben. Mit den Happenings, der Land Art oder den Verhüllungen von Christo und Jeanne-Claude erobert die Kunst schließlich den realen Raum und lässt das Publikum direkt am Kunstwerk teilhaben.

In Europa, insbesondere in Deutschland, gibt sich der Künstler als einsamer Schöpfer. Anselm Kiefer, Gerhard Richter oder Georg Baselitz beweisen in ihren Arbeiten tatsächliches politisches Engagement: Sie kritisieren die Gesellschaft und untersuchen die Geschichte, um Tabus zu brechen und ihre eigene Rolle zu hinterfragen.

Im angrenzenden Museumspark schließlich befinden sich Werke von Hauptvertretern der englischen Bildhauerkunst: Die primitiven, organischen Formen von Henry Moore stehen neben den metaphysischen Vielecken von Barbara Hepworth, während die „zu Fleisch gewordene“ Allegorie einer menschlichen Gestalt von Antony Gormley mit dem poetischen Charme der artistischen Hasen von Barry Flanagan kontrastiert.
Abbildung: CHRISTO ET JEANNE-CLAUDE (nés en 1935)
The Gates, Project for Central Park, New York City
Les portes, projet pour Central Park, New York
Mine de plomb, fusain, pastel, craie, laque, carte géographique et échantillon de tissu
Bleistift, Kohle, Pastell, Wachskreide, Lackfarbe, geographische Karte und Stoffmuster
2002 Collection Würth, Inv. 7501

Musée Würth
Z. I. Ouest
Rue Georges Besse – BP 13
67158 ERSTEIN Cedex
Dir. +33 3 88 64 62 45
Mob. +33 6 24 57 00 22

19.2 - 18.9.2009 :
COUPS DE COEUR. Oeuvres choisies dans la Collection Würth
LIEBE AUF DEN ERSTEN BLICK. Ausgewählte Werke aus der Sammlung Würth
Du mardi au dimanche, de 11 à 18 heures - Dienstag bis Sonntag, von 11
bis 18 Uhr

Allerlei Zweifel in der Eifel

Wer noch immer glaubt, Liebe und Mordlust haben nichts miteinander zu tun, wird vom Leben manchmal eines Besseren belehrt. Und wenn dann auc...