Abbildung: Foyer Vortragssaal. Foto © 2009 www.jpg-factory.com
Zürich.- 100 Jahre und kein bisschen antiquiert: Im Jahr 2010 feiert das Kunsthaus Zürich sein 100-jähriges Bestehen. Das älteste kombinierte Sammlungs- und Ausstellungsinstitut der Schweiz eröffnete 1910 das von Karl Moser im späten Jugendstil gebaute Museum am Heimplatz. Im Jubiläumsjahr präsentiert es die an Schenkungen reiche Sammlung und setzt mit einer grossen Picasso-Schau seine Tradition bedeutender Ausstellungen fort.
Bis 2015 soll die künstlerische Idee eines dynamischen Museums für das 21. Jahrhundert umgesetzt und die Erfolgsgeschichte der seit 1787 vom Bürgersinn getragenen Zürcher Kunstgesellschaft um ein spannendes Kapitel – die Kunsthaus Erweiterung – ergänzt werden.
Am 17. April 1910 konnte auf dem der Zürcher Kunstgesellschaft von Stadtrat Landolt vermachten Landoltgut das Kunsthaus eröffnet werden – nicht Museum und nicht Kunsthalle, wie der Architekt Karl Moser ausführte, sondern beides. Die Namensgebung Kunsthaus steht bewusst in der Tradition anderer demokratischer Institutionen wie Rat- oder Schulhaus. Bis heute ist das Haus geprägt von Offenheit und Kontinuität.
Der erste Konservator, Wilhelm Wartmann (Direktor bis 1949), konzentrierte sich angesichts der überschaubaren Bestände zunächst auf Schweizer Kunst; neben der damals besonders interessanten aktuellen Produktion bildete er Werkgruppen mit spätgotischer Malerei und Gemälden von Johann Heinrich Füssli. Als sich 1917 anlässlich der grossen Ausstellung Ferdinand Hodlers zeigte, dass die Ankaufsmittel der Kunstgesellschaft ungenügend sind, gründete der Seidenindustrielle Alfred Rüetschi die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde, die die Sammlung des Kunsthauses bis heute regelmässig mit bedeutenden Erwerbungen erweitert. Er selbst stellte mehrere grosse Kompositionen und bedeutende Landschaften Hodlers zur Verfügung.
1920 erhielt das Kunsthaus als Legat die Sammlung von Hans Schuler und damit erstmals Werke des französischen Impressionismus und Postimpressionismus: Renoir, Cézanne, van Gogh und Bonnard. 1922 organisierte Wartmann nach langjährigen Vorbereitungen seine erste Ausstellung mit Edvard Munch und begann, die grösste Munch-Sammlung ausserhalb Skandinaviens aufzubauen. 1925 erweiterte Karl Moser das Kunsthaus. 1929 begann der Banquier Hans E. Mayenfisch für das Kunsthaus Gemälde lebender Schweizer zu kaufen; bei seinem Tod 1957 war der Bestand auf über 450 Werke angewachsen. Der Nobelpreisträger Leopold Ruzicka errichtete 1949 mit seiner hervorragenden Sammlung niederländischer Malerei des 17. Jahrhunderts eine Stiftung.
René Wehrli löste 1950 Wilhelm Wartmann als Direktor ab; er legte das Hauptgewicht auf die französische Malerei seit Monet; im Anschluss an die Monet-Retrospektive wurden – unterstützt durch den Industriellen Emil Georg Bührle – die beiden grossen Seerosen-Panneaux erworben. 1958 konnte der seit 1944 von den Gebrüdern Pfister geplante und von Emil Bührle finanzierte, frei unterteilbare grosse Ausstellungssaal eröffnet werden.
Eine Gruppe von Kunstfreunden um die Gebrüder Bechtler errichtetenn 1965 mit der bedeutendsten Sammlung von Werken Alberto Giacomettis eine Stiftung, der der Künstler weitere Arbeiten schenkte. Nelly Bär stiftete 1966 den Nelly und Werner Bär-Saal mit bedeutenden Skulpturen von Rodin bis Richier. Dank des Seidenfabrikanten und Kronenhalle-Besitzers Gustav Zumsteg und unterstützt von verschiedenen Mäzenen sowie dem Künstlers selbst, entstand in den siebziger Jahren die umfangreiche Chagall-Sammlung. Erna und Curt Burgauer schenkten dem Museum moderne Kunst. 1976 wurde der Erweiterungsbau von Erwin Müller eröffnet, der sich besonders für die zeitgenössischen Formate eignet. Im selben Jahr löste Felix Baumann René Wehrli als Direktor ab.
Mit Hilfe zahlreicher Spender wurde 1980 eine umfassende Sammlung der Dada-Bewegung aufgebaut. Die Johanna und Walter L. Wolf-Sammlung erweiterte 1984 den Bestand französischer Kunst vom Impressionismus bis zur Klassischen Moderne wesentlich. In Form einer Stiftung übergaben die Kunsthändler Betty und David M. Koetser 1986 ihre bedeutenden niederländischen Gemälde, Werke des italienischen Barocks und des venezianischen Settecento an das Haus. Anlässlich des hundertfünfzigsten Geburtstags der Fotografie erhielt das Kunsthaus 1989 von Rohstoffhändler Marc Rich eine grosszügige Schenkung: 74 Fotografien, vorwiegend Originalabzüge, welche die Entwicklung der klassischen künstlerischen Fotografie von der Mitte des 19. Jahrhunderts an repräsentieren. Der Unternehmer Walter Haefner schenkte 1995 dem Kunsthaus zwölf hervorragende Gemälde von Monet bis Magritte.
Als erstes Kunstmuseum der Schweiz ging das Kunsthaus 1998 mit einer eigenen Homepage online. Bis 2000 wurde die Villa Tobler als neuer Sitz der Direktion und zu Repräsentationszwecken denkmalpflegerisch renoviert. Im September 2000 folgte Christoph Becker als Direktor auf Felix Baumann und es gab die Bewilligung für einen Kredit von CHF 28,5 Mio. für die Sanierung des Kunsthauses. Von 2001 bis 2005 wurden die Sammlungs- und Ausstellungsräume von Grund auf saniert und mit einer Accrochage zeitgenössischer Neuankäufe wieder eröffnet. In dieser Zeit blieb das Kunsthaus immer geöffnet. Die Werke Alberto Giacomettis erhielten in dem frei werdenden ehemaligen Verwaltungsflügel des Moserbaus eigene Räume.
Die Grafische Sammlung wurde um 55 Meisterstichen des Renaissance-Künstlers Albrecht Dürer (1471-1528) ergänzt. Sie stammen von Landammann Dietrich Schindler. 2001 beschloss der Kunstrat ein neues künstlerisches Leitbild. Interne Arbeitsgruppen und ein öffentliches Expertenhearing zur Zukunft des Kunsthauses unterstützten die Planungen für eine Modernisierung der Strukturen. Es wurde vermehrt zeitgenössische Kunst erworben. Alte Meister aus separaten Beständen wurden zu einer gemeinsamen Präsentation integriert, was international für Beachtung sorgte. Bruno und Odette Giacometti sorgten mit einer Schenkung an die Alberto Giacometti Stiftung für Freude. Deren Bestand erhöht sich um über 90 Bronzen und Originalgipse und ist der bedeutendste weltweit.
Im Mai 2002 stellten der Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft, Thomas W. Bechtler, Direktor Christoph Becker und Stadtpräsident Elmar Ledergerber die Überlegungen für einen Erweiterungsbau am Heimplatz vor. Walter B. Kielholz, seit Juni 2002 neuer Präsident der mit inzwischen rund 20.000 Mitgliedern zu den grössten europäischen Kunstvereinen zählenden Zürcher Kunstgesellschaft, unterstützte das Vorhaben dessen Ziel es unter anderem ist, Schenkungen weiterhin entgegennehmen und zukünftig 20 anstatt wie bisher 10 Prozent des eigenen Bestandes zeigen zu können – insbesondere mehr Kunst ab 1960.Der Entwurf von David Chipperfield ging 2008 als Sieger aus einem Architekturwettbewerb hervor. Das unterirdisch verbundene Ensemble aus dem älteren und dem neuen Gebäude wird zum Neuen Kunsthaus, dem grössten Kunstmuseum der Schweiz.
Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1
CH - 8001 Zürich
0041 (0)44 25384-84
info@kunsthaus.ch
http://www.kunsthaus.ch
Öffnungszeiten: Sa/So/Di 10 – 18 Uhr, Mi bis Fr 10 – 20 Uhr, Montag geschlossen