Donnerstag, 26. Januar 2012

Malerisches Wintermärchen

Kasimir Malewitsch: Morgen im Dorf nach dem Schneesturm, 1912. Öl auf Leinwand, 80 x 80 cm; Solomon R. Guggenheim Museum, New York
Zürich.- So richtig kommt der Winter in diesem jahr im Flachland ja nicht in die Gänge. Vielleicht  hilft das: Vom 10. Februar bis 29. April 2012 zeigt das Kunsthaus Zürich unter dem Titel «Ein Wintermärchen» den Winter in der Kunst von der Renaissance bis zum Impressionismus. Die rund 120 Werke umfassende Themen-Ausstellung enthält Gemälde von Pieter Brueghel d.J., Jacob van Ruisdael, Francisco de Goya, Kasimir Malewitsch, Claude Monet, Edvard Munch und vielen anderen europäischen Malern. Zum ersten Mal finden Schlitten des österreichischen Herrscherhauses, handgeschnitzt und reich vergoldet, sowie kostbare, flämische Tapisserien ihren Weg in ein Schweizer Kunstmuseum.

Die Mythen, mit Hilfe derer die grossen Kulturen die Entstehung der Welt zu erklären versuchten, sind sich meist einig: Der Winter kam als Bestrafung und als Plage auf die Erde. Bis ins Mittelalter brachte sein Einbruch die Versorgung der Menschen und die Gesundheit einer agrarisch geprägten und von der Natur abhängigen Gesellschaft in Gefahr. Sozialem und technischem Fortschritt ist es gedankt, dass der Winter an Bedrohung immer mehr verloren hat. Das Kunst-haus Zürich zeigt denn auch die vergnügliche Seite dieser Jahreszeit und läutet mit dieser Ausstellung den Frühling ein.

Nach der Renaissance aus der Mode gekommen, erlebte die Winterlandschaft im späten 18. Jahrhundert ihre künstlerische Wiedererweckung. Die karge Jahreszeit wird zunächst romantisch verklärt. Später richtet sich der Blick der Maler auf das äussere Erscheinungsbild der winterlichen Farbnuancen. Neben grossformatigen Darstellungen der in Eis und Schnee stecken gebliebenen napoleonischen Armee, versunken in Not und Elend, erwarten den Besucher im grossen Ausstellungssaal des Kunsthaus Zürich zugefrorene Gewässer, prunkvolle Stillleben und die Freuden der Eisläufer.

Kunsthaus-Direktor Christoph Becker und Gastkurator Ronald de Leeuw präsentieren über Genre- und Landesgrenzen hinweg eine breit gefächerte Auswahl von mehr als 120 Kunstwerken, die zwischen 1450 und den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in Westeuropa entstanden sind. Neben holländischer Malerei, variantenreichen Landschaftsdarstellungen und impressionistischen Werken finden sich niederländische Monatsallegorien, Szenen winterlicher Feste, Bräuche oder auch Stillleben. Porträts und Interieurs geben Einblick in die jeweiligen Wintermoden und Ausstattungen, mit denen sich die Menschen vor Kälte und Feuchtigkeit zu schützen suchten.

Diese nach Strömungen und Gattungen arrangierte Gemäldeauswahl wird von einer Anzahl kostbarer Objekte ergänzt: grossformatige Tapisserien oder ein herrschaftlicher Schlitten, in den lebensgrosse Pferde eingespannt sind, Pokale, filigrane Porzellanfiguren und kostbare Steinschnittobjekte illustrieren auf char-mante Weise die handwerkliche Meisterschaft, die von den besten Manufakturen ausgeübt wurde, um ihre Auftraggeber zu erfreuen.

Die vielen, in dreijähriger Vorbereitungszeit gemeinsam mit dem Kunsthistorischen Museum Wien erfolgreich verhandelten Leihgaben stammen aus den berühmtesten Museen der Welt, wie Musée d’Orsay, Musée du Louvre (Paris), The Metropolitan Museum of Art (New York), National Gallery (London), Rijksmuseum (Amsterdam) sowie aus privaten Sammlungen und eigenen Beständen. An Gemälde von Pieter Brueghel d.J. reihen sich weitere von Jacob van Ruisdael, Hendrick Avercamp, Jan van Goyen, Aert van der Neer, Jan Francisco de Goya, Kasimir Malewitsch, Claude Monet, Alfred Sisley, Camille Pissarro und Edvard Munch.

Neben diesen bekannten Künstlern gilt das Augenmerk Malern, die einem Publikum ausserhalb ihres Geburtslandes selten präsentiert werden und darum spannend zu entdecken oder wiederzusehen sind. Nicht selten überraschen sie mit Motiven, die im Kontext der Ausstellung einzigartig sind. Dazu gehören beispielsweise die monumentalen, vor Eis starrenden Niagarafälle («Chutes du niagara en hiver», 1857) von Hippolyte-Victor-Valentin Sebron oder das japanisierende Herbstbild «L’automne» (1902) des Finnen Akseli Gallen Kallela. Edouard Alexandre Odier beschreibt in seinem Gemälde eine Episode des napoleonischen Rückzugs aus Moskau, während sich bei Pierre-Maximilien Delafontaine ein Schlittschuhläufer in siegreicher Pose gebärdet. Hält der Betrachter vor dem Werk des deutschen romantischen Malers Carl Friedrich Lessing («Klosterhof im Schnee», um 1829) stille Einkehr, taucht er kurz darauf in die turbulente Karnevals-Szene ein, die Johannes Lingelbach um 1650 in Rom angesiedelt hat.

«Wintermärchen» beginnt in der Renaissance. Es führt den Betrachter durch 400 Jahre Gesellschafts- und Kulturgeschichte, durch schwere wie durch gute Zeiten und entlässt ihn im Frühlingserwachen des Impressionismus.

Der Katalog zur Ausstellung (Verlag Dumont, 400 Seiten, 380 Abbildungen) ist bereits erschienen und für CHF 52.- am Kunsthaus-Shop erhältlich.

Öffnungszeiten: Sa/So/Di 10 – 18 Uhr, Mi bis Fr 10 – 20 Uhr, Montag geschlossen

Ein Wintermärchen
10. Februar bis 29. April 2012
Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1
CH - 8001 Zürich
0041 (0)44 25384-84
info@kunsthaus.ch
http://www.kunsthaus.ch

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