Dienstag, 20. März 2012

Am Beispiel Freitag

rototyp der ersten Tasche, Zürich, 1993. Museum für Gestaltung Zürich, Foto: U. Romito; © ZHdK
Zürich.- Aus einer Tasche wird eine Firma. Aus einem Produkt wird eine Marke. Am Beispiel Freitag zeigt das Museum für Gestaltung Zürich am 4. April, wie Designdenken und Unternehmertum zusammenwirken. Swissness ist angesagt, lokale Produkte gehören zum urbanen Lebensstil, und wenn früher mit Innovation oder Individualität geworben wurde, sind es heute Schlagworte wie Authentizität oder Nachhaltigkeit. Sie alle treffen auf Freitag zu.

Das Zürcher Unternehmen produziert seit 19 Jahren individuelle Taschen aus gebrauchten Lastwagenplanen und hat sich zum Musterbeispiel der Kreativwirtschaft entwickelt. Die Marke Freitag ist weltweit bekannt. Wie haben die Designer Daniel und Markus Freitag das gemacht und wie prägt ihre Denkweise die Firma?

Die Ausstellung «Freitag – Out of the Bag» stellt das Geschäftsmodell im Zusammenhang mit der visuellen Kultur der Firma vor. Die Exponate aus dem Archiv von Freitag belegen einen hohen gestalterischen Anspruch: Qualität bis ins Detail verfolgen und dabei doch ganzheitlich denken. Produktdesign, Grafik, Fotografie, Webdesign, Corporate Design, Innenarchitektur, Szenografie oder Mode werden nicht als einzelne Leistungen eingekauft, sondern zusammen entwickelt. Vom Design einer neuen Tasche übers Design ihres Herstellungsprozesses, ihrer Verpackung und Präsentation im Laden bis hin zum Produktnamen, der fotografischen Inszenierung und dem sprachlichen Stil der Produktbeschreibung. Design, so die These, geht weit übers Taschen entwerfen hinaus.

Das Museum für Gestaltung Zürich richtet den Fokus auf die Maschinerie im Hintergrund, das Making-of und die Geschichte des Unternehmens. Gezeigt werden Prototypen und Materialexpe-rimente, unveröffentlichte Kollektionen, frühe Verpackungen, Hänge-Etiketten und Labels. Fotos und Filme erzählen von ausgelassenen Parties und kontrollierten Manifestationen der Marke. Medienberichte und Fanpost lassen ihre Bedeutung weit über Zürich hinaus erahnen. Mit der Präsentation einer visuell reichhaltigen Produktwelt fragt die Ausstellung nach deren strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen. Wann entsteht gutes Design? Wie wird es verkauft? Die Begleitpublikation bietet Einblick in interne Arbeitsabläufe und macht deutlich, dass Design zuallererst auch eine menschliche Komponente hat. Unternehmenskultur und Pro-duktkultur hängen zusammen.

Die Szenografie der Ausstellung orientiert sich an Ladevolumen von Lastwagen und packt die Exponate in sieben thematische Trailer: Wirkung, Kommunikation, Verkauf, Brand-DNA, Produkt-entwicklung, Produktion, Geschichte. Die Besucher erfahren in jedem Trailer etwas über die Ar-beits- und Denkweise von Freitag. Sie verstehen, wie die Marke aufgebaut ist und beobachten, wie sie in Japan ankommt, sie können einem Taschen-Zuschneider live bei der Arbeit zusehen oder sich einen panoptischen Überblick über die Geschichte des Unternehmens verschaffen. Neun Videoprojektionen vermitteln die Stimmung in der ehemaligen Maag-Zahnräderfabrik in Zürich, wo Reliquien der Schwerindustrie neuen Formen der Produktion begegneten.

1993 suchten die beiden Grafikdesigner Markus und Daniel Freitag nach einer funktionellen, wasserabweisenden und robusten Tasche für ihre Entwürfe, damit auch Velofahrten im Regen ohne Folgen bleiben. Inspiriert vom bunten Schwerverkehr, der täglich an ihrer Wohnung vorbei über die Zürcher Transitachse brummte, entwickelten die Brüder eine Tasche aus gebrauchten LKW-Planen, Veloschläuchen und Autogurten. So entstanden die ersten Freitag Taschen – jede ein Unikat. Heute wie damals werden die Taschen in Zürich entworfen, zugeschnitten und verpackt. 2011 zählt das Unternehmen 130 Mitarbeiter, verarbeitet in der Fabrik in Zürich Nord rund 390 Tonnen LKW-Planen und verkauft weltweit 300 000 Produkte in neun eigenen Läden, bei 400 Absatzpartnern und im Online Shop.

Die Publikation: «Freitag – Ein TaschenBuch». bietet bebilderte Interviews, Portfolio und eine Produktübersicht. Sie ist im Museum für Gestaltung Zürich (Hg.), D, Lars Müller Publishers, CHF 29.90 erhältlich.

Öffnungszeiten:Di bis So 10 – 17 Uhr , Mittwoch 10 – 20 Uhr

Freitag – Out of the Bag
4. April bis 29. Juli 2012, Galerie
Vernissage: Di 3. April 12, 19 Uhr
Museum für Gestaltung Zürich
Ausstellungsstrasse 60
CH - 8005 Zürich
T: 0041 (0)43 446 67 67
 welcome@museum-gestaltung.ch
http://www.museum-gestaltung.ch

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