Mittwoch, 23. Mai 2012
Deftig Barock
Das Ausstellungskonzept bricht mit vielen Clichés: es geht nicht um Pomp, Schnörkel und Gold, sondern um «Manifeste des prekär Vitalen» – um verlorene, projizierte, gelebte, wiedererkannte, «bedrohte» Vitalität, in welcher der Tod omnipräsent ist, wie es im Untertitel anklingt.
Die Gegenüberstellung von Alten Meistern mit der Gegenwart birgt Versuchungen, denen sich die Kuratorin bewusst entzieht. Curiger verzichtet auf platte Analogien, Formvergleiche, Motivgegenüberstellungen oder das Beschwören sogenannter ewiger Werte. Ihre Selektion proklamiert keinen «Neobarocken Stil». Die Künstlerinnen und Künstler lassen sich nicht mit dem gängigen «Barock-Etikett» behaften: Maurizio Cattelan, Robert Crumb, Nathalie Djurberg, Urs Fischer, Tobias Madison, Paul McCarthy, Boris Mikhailov, Marilyn Minter, Albert Oehlen, Cindy Sherman, Jürgen Teller, Diana Thater, Ryan Trecartin, Oscar Tuazon, die alle neue oder neuere Werke in der Ausstellung zeigen.
Aus dem 17. Jh. sind Werke ausgewählt, die den Betrachter heute mit einer auffälligen Direktheit ansprechen. Die Leihgaben kommen aus bedeutenden Museen, wie dem Prado in Madrid, der National Gallery in London, dem Kunsthistorischen Museum in Wien u.a. Einige Überraschungen sind aus privaten Sammlungen zu erwarten. Der Schwerpunkt liegt bei niederländischen, italienischen und spanischen Meistern: Pieter Aertsen und Monsù Desiderio, Dirck van Baburen, Adriaen Brouwer, Gerard von Honthorst, Johann Liss, Alessandro Magnasco, Bartolomeo Passerotti, Mattia Preti, José de Ribera, P.P. Rubens, Jan Steen, Abraham Teniers, David Teniers d.J., Simon Vouet, Jusepe de Ribera, Francisco de Zurbarán und vielen anderen.
Die Gegenüberstellung der Kunst des Barock mit ausgewählten Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler basiert am ehesten auf einer (am Film orientierten) Montagetechnik. Die beiden unterschiedlichen aber affinen Realitäten sollen sich gegenseitig befruchten, aufladen und den Blick des Betrachters auffrischen.
Alte Meister werden nicht wild mit der Gegenwartskunst gemischt. Jede Zeit behält ihren Entfaltungsraum. Doch kann der Besucher auf die Impulse der Gegenwartskunst vertrauen, um neue Fragestellungen an die historischen Werke herantragen. Dieser auch die Konventionen der allgemein üblichen Altmeisterpräsentation herausfordernde Ansatz legitimiert Bice Curiger als «Nicht-Barockspezialistin» ein solches Projekt anzugehen. Und wie bei ihren Aus- stellungen üblich, rollt sie Geschichte nicht von der Vergangenheit her auf, sondern blickt aus der Gegenwart darauf zurück – auf das Bäuerische, die Derbheit, Religiosität und Sinnlichkeit, das Groteske, die Burleske und die Virilität – ein Spektrum von Subthemen, zu dem sie die Werke der Ausstellung in Gruppen inszeniert.
Zum Thema «Deftig Barock» bereitet die Kunstvermittlung des Kunsthauses eine Sommerwerkstatt vor. Das Angebot von Workshops, Führungen und Exkursionen richtet sich an alle Generationen und wird im April veröffentlicht.
Der Katalog zur Ausstellung erscheint im Snoeck Verlag, Köln. Als deutsche und englische Ausgabe wird er ab Juni am Kunsthaus-Shop und im Buchhandel erhältlich sein. Neben zahlreichen Abbildungen der Werke, die in der Ausstellung gezeigt werden sowie Referenzabbildungen, werden Beiträge von Bice Curiger, Raoul Vaneigem, Elfriede Jelinek, Eileen Myles, sowie von einer Gesprächsrunde mit Nike Bätzner, Michael Glasmeier, Tristan Weddigen und Victoria von Flemming präsentiert, sowie ein extensives Glossar zum «deftigen Barock».
Öffnungszeiten: Sa/So/Di 10 – 18 Uhr, Mi bis Fr 10 – 20 Uhr, Montag geschlossen
Deftig Barock
1. Juni bis 2. September 2012
Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1
CH - 8001 Zürich
0041 (0)44 25384-84
info@kunsthaus.ch
http://www.kunsthaus.ch
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