Mit grosser Mehrheit ist das Projekt des renommierten Architekten David Chipperfield am 7. November 2008 zum Sieger des Wettbewerbs der Kunsthaus-Erweiterung gekürt worden. Die international zusammengesetzte Jury befand, dass der puristisch-elegante Entwurf des britischen Architekten die im Wettbewerbsprogramm vorgegebenen inhaltlichen und städtebaulichen Anforderungen am besten erfüllt (Zitat aus der Pressemitteilung): "Die Anordnung und Beschaffenheit der Ausstellungsräume überzeugen; die Besucherführung sowie die betriebliche Organisation sind vorbildlich gelöst; sämtliche Sicherheitsvorschriften werden eingehalten. Die Lichtführung ist von herausragender Qualität und die Energiebilanz im Sinne der Bauökologie positiv. Die klare Modularität der Fassade mit ihren selbstverständlichen Detaillierungen ist eine der besten unter den vorgeschlagenen Lösungen. Der monolithische Baukörper schafft eine starke städtische Stimmung am Heimplatz. Das Gebäude tritt selbstbewusst auf, orientiert sich aber augenfällig an dem bestehenden, gegenüber liegenden Bau von Karl Moser. Gartenseitig ist eine respektvolle Distanz zur alten Kantonsschule garantiert." Das Projekt entspreche außerdem dem Masterplan Hochschulgebiet Zürich Zentrum; mit seiner Grösse nehme es Bezug auf weitere wichtige Hochbauten entlang der Rämistrasse (Hauptgebäude von Universität und ETH). Gemäss Jury-Bericht funktioniert der Erweiterungsbau dank seinem kompakten Grundriss und seiner optimalen unterirdischen Verbindung mit dem bestehenden Museum sowohl für die Kunst wie für das Publikum sehr gut.Alle Wettbewerbsbeiträge sind vom 16. Dezember 2008 bis zum 11. Januar 2009 im Vortragssaal des Kunsthaus Zürich (offen Sa/So/Di 10 – 18 Uhr, Mi/Do/Fr 10 – 20 Uhr) ausgestellt. Der Eintritt ist frei. Öffentliche Führungen finden statt am 16.12., 17 Uhr; 19.12., 18 Uhr; 30.12., 14.30 Uhr; 7.1., 18 Uhr. Der Bericht der Jury kann gegen eine Schutzgebühr von CHF 15.- dort oder beim Amt für Hochbauten (Empfang) bezogen werden.
Die Qualität der Eingangssituation (vom Platz zur zentralen Halle), der Zugang zum öffentlichen Garten der Kunst und die Organisation desselben könnten in der Projektierungsphase jedoch noch gesteigert werden. Die Jury empfiehlt der Bauherrschaft zudem, die oberirdische Volumetrie und den Bezug des Gebäudes zur direkten Umgebung zu optimieren.
Das Siegerprojekt und die Rangierung wurden anonym ermittelt. Neben Chipperfield (1. Preis), der weltweit schon einige vielbeachtete Museumsbauten realisiert hat, wurden folgende Büros ausgezeichnet: Gigon/Guyer, Zürich (2. Preis), Max Dudler, Zürich/Berlin (3. Preis) und Grazioli/Krischanitz, Zürich (4. Preis). Das Projekt von Diener&Diener, Basel, wurde angekauft, weil es wertvolle Anregungen zur Meinungsbildung geliefert hat.
Die Jury unter Vorsitz von Walter B. Kielholz und moderiert von Prof. Carl Fingerhuth zeigte sich erfreut über die hohe Qualität der insgesamt 20 eingereichten Projekte. Alle in die engere Wahl gekommenen hielten sich an die Kostenvorgabe und die Anforderungen im Sinne der 2000-Watt-Gesellschaft.Die Wettbewerbsteilnehmenden waren eingeladen worden, sich ausserhalb des jurierbaren Teils Gedanken zur künftigen Gestaltung und Nutzung des Heimplatzes zu machen. Chipperfields Vorschlag der Verkehrsberuhigung (Aufhebung der Verlängerung des Zeltwegs vor dem Eingang des bestehenden Kunsthauses), wird aus verkehrstechnischen Gründen jedoch vermutlich Wunschdenken bleiben müssen.
Auch im Innern der Erweiterung kommt vieles in Fluss. Im Entwurf von Chipperfield sieht das Kunsthaus die Kernaufgaben erfüllt, die für die von ihnen angestrebte dynamische Bespielung der Sammlung wichtig sind. Der vorrangig der Kunst ab den 1960er Jahren gewidmete Bau lässt mit konfigurierbaren Raumfolgen – die flexibel nutzbar und für neue Medien, Grafik und Fotografie ebenso geeignet sind wie für Bilder, Installationen und Plastiken – unterschiedliche Inszenierungen zu. Diese Räume bilden einen spannenden Kontrast zu den Galerien klassischen Formats für die private Sammlung Bührle. Dort entsteht ein neuer Schwerpunkt – Französische Malerei und Impressionismus – der auf die Kunsthaus-Sammlung mit der Klassischen Moderne trifft. Ateliers der Kunstvermittlung, ein Festsaal sowie der dringend erforderliche mittelgrosse Wechselausstellungsbereich wurden hervorragend in die Planungen integriert. Die zentrale Halle bringt den Besucher schon dort mit Kunst in Berührung und macht die Angebote des Museums ablesbar.
Die Partner der Kunsthaus-Erweiterung – Zürcher Kunstgesellschaft, Stadt Zürich, Stiftung Zürcher Kunsthaus – hatten das Amt für Hochbauten mit der Durchführung des Wettbewerbs beauftragt. Dafür und für den Start der Projektierung hatte der Gemeinderat im März 2008 einen Projektierungskredit von 6.5 Millionen Franken bewilligt. Nach dem Abschluss des Architekturwettbewerbs liegt das Projekt gut im Zeitplan. Die nächsten Schritte: Projektbearbeitung und Ausarbeitung eines Gestaltungsplans zur Genehmigung durch das Parlament. Mit Vorliegen des Bauprojekts wird dem Parlament voraussichtlich 2010/2011 ein Objektkredit beantragt, der auch bei der Zürcher Stimmbevölkerung Zustimmung finden muss. Die Gesamtkosten werden auf 150 Millionen Franken (Stand 2006, ohne Teuerung und Reserven) veranschlagt und je zur Hälfte aus öffentlichen und privaten Mitteln gedeckt. Für die privaten CHF 75 Mio. zeichnet die Zürcher Kunstgesellschaft verantwortlich. Bis zum Bezug (angestrebt bis 2015) wird sie sich um Zuwendungen von Firmen, Stiftungen und privaten Gönnern bemühen.
Unter www.kunsthaus.ch sind neben den Zielen und dem Stand des Projektes die Zusammensetzung der Jury und eine Übersicht über die teilnehmenden Teams, die Rangierung und die Preisgelder zu finden. Informationen zu David Chipperfield Architects sind unter www.davidchipperfield.co.uk abrufbar.
Bild: Für die Realisation der Erweiterung des Kunsthaus Zürich
Unverbindliches Wettbewerbs-Rendering von David Chipperfield (November 2008)
Architects Ltd/Imaging Atelier