Montag, 23. August 2010
«Aida am Rhein»
Basel.- Nach den preisgekrönten Produktionen «La Traviata am Hauptbahnhof» und «La Bohème im Hochhaus» inszeniert das Schweizer Fernsehen als Abschluss der Trilogie noch einmal eine Oper vor ungewöhnlicher Szenerie. Schauplatz von «Aida am Rhein» ist das Basler Rheinufer rund um die Mittlere Brücke und das Grand Hotel Les Trois Rois in Basel. Das Ensemble des Theater Basel mit dem Sinfonieorchester Basel lassen «Aida» aus einem völlig neuen Blickwinkel entstehen. Sandra Studer führt am Freitag, 1. Oktober 2010, um 20.05 Uhr auf SF 1 und HD suisse durch die Sendung.
«Aida» ist Verdis eigenwilligste, aber auch seine populärste Oper. Das Werk begeistert das Publikum seit seiner Uraufführung am 24. Dezember 1871. Der ägyptische Vizekönig hatte die Oper zur feierlichen Eröffnung des neuen Opernhauses in Kairo (1870) in Auftrag gegeben – und nicht zur Eröffnung des Suezkanals 1869, wie oft behauptet wird.
In der Postkartenszenerie rund um die Mittlere Brücke in Basel erwacht die prachtvolle Welt des ägyptischen Hofes zu neuem Leben. Für die Gemächer des Königspalastes fanden sich in den Terrassen, der Lobby, dem Fumoir oder einer Suite des Grand Hotel Les Trois Rois die idealen Schauplätze. Und immer wieder wechselt die Szenerie auf das Wasser: zum Beispiel in einem der dramatischen Höhepunkte, dem Triumphmarsch, auf ein Frachtschiff, mit dem Radames mit Sklaven nach gewonnenem Krieg über den Nil/Rhein in die Heimat zurückkehren.
Mit «Aida am Rhein» wollen die Initianten nochmals die Potenziale der Oper ausloten. Gespielt und gesungen wird live vor Ort rund um die Mittlere Brücke in Basel: im Ballsaal des Trois Rois, auf den Terrassen des Hotels aber auch auf immer wieder am und auf dem Wasser – wie es sich Giuseppe Verdi vorgestellt hat. Bereits für «La Traviata am Hauptbahnhof» und «La Bohème im Hochhaus» gingen das Schweizer Fernsehen und das tv productioncenter zürich (tpc) an die Grenzen des Machbaren. Doch mit dem Einbezug des Elementes Wasser stellt sich das Team um Produzent und Redaktionsleiter Christian Eggenberger nochmals einer neuen Herausforderung, der Unberechenbarkeit der Natur: «Man kann keine besondere Sendung machen, ohne Risiken einzugehen. Der Unsicherheitsfaktor ist dieses Mal das Wasser. Dass man doch nicht alles bis ins Detail planen kann, gehört bei solchen Produktionen zu den Herausforderungen.» Da einige der dramatischsten Szenen auf dem Fluss spielen, müssten die Macher bei Regen oder Hochwasser kurzfristig umdisponieren.
«‘Aida am Rhein‘ ist ein TV-Opernereignis, das an die Grenzen des technisch machbaren geht», sagt Rolf Allenbach, verantwortlicher Projektleiter des tpc. Im Einsatz stehen modernste Produktionsmittel und ausgefeilte Technik an mehr als 30 Kamerastandorten zu Wasser, zu Land und in der Luft. Am meisten gefordert sind die Tontechniker: Das Orchester spielt im Ballsaal des Hotels, während sich die meisten Szenen der Oper in einigen 100 Metern Entfernung am und auf dem Fluss abspielen. Die Experten müssen die zahlreichen Kameras und Mikrofone so abstimmen, dass sie trotz unterschiedlicher Verzögerung von Bild und Ton synchron über den Sender gehen. Technisch möglich machen dies unter anderem 15 Kameras, darunter die spektakuläre Spidercam, welche den Rhein überfliegt; 150 Funkgeräte auf zwölf Funkkanälen, 300 Tonkanäle und 70 Profis des tpc. «Die technische Herausforderung ist nie unser primäres Ziel. Diese ergibt sich aus der Inszenierungsidee und der Location im öffentlichen Raum, für die wir uns entscheiden», betont Produzent Christian Eggenberger und fügt gleichzeitig an: «Die Technik ist dann souverän, wenn das Fernsehpublikum zu Hause den Aufwand höchstens erahnen kann.»
Mit der Inszenierung von «Aida» am Basler Rheinufer schliesst sich der Kreis: Nach dem öffentlichsten Ort der Schweiz, dem Hauptbahnhof Zürich, und einem Hochhaus sowie dem Einkaufszentrum Westside im Berner Gäbelbachquartier bringt das Schweizer Fernsehen nun die Basler Stadtmitte zum Klingen. Danach soll für den Moment Schluss sein mit Operninszenierungen im öffentlichen Raum, so Christian Eggenberger: «Man kann das Aussergewöhnliche nicht zur Regel machen. Deshalb ist ‘Aida am Rhein‘ zumindest vorerst der letzte Opernevent dieser Art.»
Das Sinfonieorchester Basel – eines der renommiertesten Orchester der Schweiz – hat seinen stimmungsvollen Standort während der Inszenierung im historischen Ballsaal des Hotels. Als Dirigent für «Aida am Rhein» konnte Gabriel Feltz, preisgekrönter Chefdirigent der Stuttgarter Philharmoniker, verpflichtet werden. Die Regie der Inszenierung vor Ort übernimmt Georges Delnon. Für den Intendanten des Theater Basel ist es spannend, die Oper mitten in der Stadt Basel zu inszenieren: «Mit diesem Projekt wird die hohe Emotionalität der Oper ganz konkret Teil unserer Lebensrealität.» Nadja Zonsarowa zeichnet für die Fernsehregie verantwortlich. Für die Livesendung setzen sie die «Aida», die am 14. September am Theater Basel Premiere feiert, völlig neu und mitten in der Stadt Basel in Szene.
Angeles Blancas, Tochter spanischer Opernsänger, gibt die Aida. Die international gefragte Sopranistin brillierte am Opernhaus Zürich als Maria Stuarda und als Rachel in «La Juive». An ihrer Seite interpretiert Sergej Khomov den umworbenen Radames. Der russische Tenor ist seit 1996 Ensemblemitglied an der Deutschen Oper am Rhein. Die US-Amerikanerin Michelle de Young ist als Amneris zu sehen und hören. Die Mezzosopranistin begeisterte in der vergangenen Saison an der Los Angeles Opera an der Seite von Plàcido Domingo in «Der Ring der Nibelungen». Bass-Bariton Alfred Walker – in Basel zuletzt in der Titelrolle von «Der Fliegende Holländer» zu erleben – übernimmt die Rolle des äthiopischen Königs Amonasro. Den Oberpriester Ramfis gibt der russische Bass Daniel Golossov, der in verschiedenen Rollen am Opernhaus Zürich gastierte.
Termine
Montag, 27. September 2010, 20.00 Uhr, DRS 2: «Diskothek im Zwei» mit einem Vergleich verschiedener «Aida»-Interpretationen.
Freitag, 1. Oktober 2010, 20.00 Uhr, DRS 2: Übertragung von «Aida am Rhein – Der Talk». In der Gesprächssendung des ZDFtheaterkanal analysieren und kommentieren Gäste die Livesendung des Schweizer Fernsehens.
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