von Philipp Beyer
3land.- Er schreibt Gedichte. In diesem Fall einen Band im Dialekt von Saar-Union mit Lesenshilfen in Deutsch und in Französisch: Ronald Euler (1966 Saar-Union/Neustadt, Elsass) hat sich in der modernen Mundartdichtung zwischen Vorarlberg und Luxemburg bereits einen Namen gemacht. Auch sein zweiter Gedichtband "zwische schwarz un wiss" passt gut in unsere Landschaft.
Es gibt die einen, die mögen es schwarz-weiß. Wie es ist, mit Ecken und Kanten und klaren Konturen. Mitsamt den dazugehörigen Grautönen. Und dann sind da auch die anderen, die es farbig haben wollen und runder, gern auch saftig. Ihr Glück werden bei Ronald Eulers Versen beide Feinschmecker(Innen)-Schulen finden.
Eingangs geht es hart auf hart. Das Buch beginnt äußerst SCHWARZ, nämlich mit einem Tod. Um deutlich zu sein: Mit dem Tod des Wortes – ich verstehe darunter den Tod der eigenen Sprache, wie das nunmal der Fall ist im heutigen Elsass-Lothringen. Im lëëre zimmer / geht ennem de luft üss: Unsere Sprache stirbt! Und s steert nimmànd. Alle schauen weg, tun als ob nichts wäre. Die drei Affen im Dreieckland: Nichts hören, nichts sehen, ja nichts sagen. Wenigstens einer, der es sagt. Der sich empört.
Und von diesem ersten Gedicht nun spannt sich ein weiter Bogen bis hin zum fünfundzwanzigsten und letzten, am Ende des Buches. Da steht das WISS, und diesmal geht es um den Tod des Vaters, vom Gockelfritz des 2006 erschienenen ersten Gedichtbands „Versesplittere, Lëwessplittere“. So etwas muss heraus, ein Glück, wenn man Poet ist und diesen Moment im Leben dank der Poesie überwinden kann. Mit einem sprachlichen Denkmal.
Bezeichnenderweise befindet sich mitten im Werk, unter GOLD, die Geschichte eines Mannes, der – schäddel uff / un tümor weg – am Mont-Dore auf Kur ist, dem Goldenen Berg der Auvergne. Und der tanzt und tanzt und verdànzt sein Leben.
Damit wären wir bei den Farben. Bei dem ZWISCHE. Hier ist viel Platz für die Liebe („blau“, gern auch „grün“ unterm Dom der hohen Waldbäume …), für den sànd vàm vogeselànd (ein heimelig warmes „Rot“), für die kriechende Gefahr („braun“ – nitt meckere / nitt ufffàlle / nitt mückse), für ein anderes Leben schließlich, das vielleicht „orange“ sein könnte wie manchmal der Himmel überm heimatlichen Eicheltal: Ohne Wut, ohne Aufregung, ohne 26.4.1986 und ohne geklonte hàmmle.
Zwischen den Gedichten dann auch ein paar Prosastücke. Bricke un Bichere („Brücken und Bücher“) zum Beispiel: Eine petite histoire alsacienne-lorraine. Für diejenigen, die es noch nicht verstanden hätten.
Das Ganze gibt es zum Lesen und zum Hören. Buch inklusive CD. Mundart ist schließlich, für Gedichte machen wir da eine Ausnahme, keine Papier-Sprache. Ronald Eulers Verse sind mit Sicherheit etwas auch für badische und sonstige bundesdeutsche bzw. Schweizer Feinschmecker(Innen). Ein Buch, das sie mitführen sollten, wenn sie das nächste Mal über die Brücke fahren.
Ronald Euler: zwische schwarz un wiss
Gedichte in der Mundart des Krummen Elsass
Mit Begleit-CD und Lesehilfe in Hochdeutsch und Französisch,
Zeichnungen von Vincent Vanoli
und einem Nachwort von Claude Vigée
€ 18,-
SALDE-Verlag, Straßburg, 2009
ISBN 2-903850-34-8