Mittwoch, 2. Februar 2011

Goyas Graphiken

Selbstporträt (aus: Los Caprichos), 1. Ausgabe 1799; Radierung und Aquatinta

Zürich.- Die liegende Maja, die Dame, die sich lasziv auf dem Diwan räkelt, ist eines der Bilder, die fast jeder kennt. Kein Betrachter begegnet dem Werk des spanischen Malers und Radierers Francisco José de Goya y Lucientes (1746-1828) gleichgültig. Seine vor rund 200 Jahren entstandenen Graphikzyklen erweisen sich mit ihren breit gespannten Themen zu Torheit und menschlichen Abgründen auch heute noch überraschend zeit- und schnörkellos: Sie machen auf höchstem künstlerischen Niveau betroffen. Zu sehen sind die Graphiken von 9. Februar bis 8. April 2011 in der Graphischen Sammlung der ETH Zürich.

Der Künstler lebte in Zeiten des Umbruchs, in einem Land, dessen wechselvolles politisches Schicksal vom Streben nach nationaler Selbstbestimmung und reaktionärer Vergeltungsherrschaft geprägt war. Seine radierten Graphikfolgen spiegeln die persönliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen, mit Fehlbarkeit und Torheit, mit Tod, Schrecken und Gewalt, aber auch mit der «Fiesta nacional», dem spanischen Ritual des Stierkampfs. Nicht alle Arbeiten konnte Goya selber publizieren: Obwohl er sich in seinen Los Desastres della Guerra, einer Bildfolge mit Szenen aus dem Spanischen Unabhängigkeitskrieg, weitgehend eines politischen Urteils enthielt, verhinderte allein die Brisanz der Darstellungen das Erscheinen zu Lebzeiten. Auf dem Hintergrund der Moderne erwies sich sein Schaffen nachträglich als richtungsweisender Umbruch, dessen visionäre Züge bis heute nichts eingebüsst haben.

Die Ausstellung zeigt neben den Frühwerken nach Diego Velázquez (1599-1660) alle seine umfangreichen Radierfolgen in breiter Auswahl und einige Lithographien des Spätwerks. Im Zentrum stehen die Serien der Caprichos, der Desastres della guerra, der Tauromaquia und der Folge der sogenannten Disparates (Los Proverbios). Die Bedeutung und die Qualität von Probedrucken bei Goya wird an Beispielen aus dem Besitz von Eberhard W. Kornfeld und der Galerie Kornfeld, Bern, in selten gezeigtem Umfang anschaulich gemacht. Im Fall der Probeabzüge der Desastres della guerra sind sie vor den posthumen Auflagendrucken die einzigen Abzüge, die noch zu seinen Lebzeiten entstanden. Zusammen mit einer Handzeichnung des Künstlers machen sie die Ausstellung zu einem ganz besonderen Highlight für die Liebhaber von Goyas Werk.

Punktuell ergänzen als Beispiele einer zeitgenössischen Auseinandersetzung mit dem Werk Goyas Blätter der Brüder Dinos und Jake Chapman (*1962 bzw. *1966) die Ausstellung.

Francisco de Goya. Augenzeuge und Visionär
9. Februar bis 8. April 2011
Eröffnung: Di 8. Februar 11, 18 Uhr
Graphische Sammlung der ETH
Rämistrasse 101
CH - 8092 Zürich
0041 (0)44 632 40 46
info@gs.ethz.ch
www.gs.ethz.ch

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