Mittwoch, 7. September 2011

Eine Art Volksvernichtung

Zürich.- Im Zürcher Schiffbau beginnt die neue Spielzeit mit Volksvernichtung, oder meine Leber ist sinnlos von Werner Schwab Regie: Heike M. Goetze. Premiere ist am Samstag, 17.9.2011, 20 Uhr, Schiffbau/Box Es geht um ein Mietshaus mit drei Parteien. Im Erdgeschoss wohnt die bigotte Frau Wurm mit ihrem verhinderten Künstlersohn Herrmann, darüber die proletarische Familie Kovacic, in der Beletage schliesslich Frau Grollfeuer, die Hausherrin, die eigenwilligen Vernichtungsphantasien frönt: „Das Furchtbarste, was es gibt, ist das Volk.“ Inszeniert von Heike M. Goetze wird Volksvernichtung, oder meine Leber ist sinnlos von Werner Schwab ab dem 17. September in der Box des Schiffbaus zu sehen sein.

In seinem Stück Volksvernichtung, oder meine Leber ist sinnlos wirft Werner Schwab einen Blick auf ein Mietshaus mit drei Parteien. Im Erdgeschoss wohnt die Frau Wurm mit ihrem verkrüppelten Sohn Herrmann, der – eigentlich zum Künstler berufen – sich nicht aus der quälenden Abhängigkeit von seiner Mutter zu befreien weiss. Die alte Frau, von ihrem Sohn tyrannisiert, möchte ihn am liebsten „abmurksen“ und Herrmann, der als Kind missbraucht wurde, flüchtet sich in sadistische Vergewaltigungsund Ermordungsphantasien. Eine Etage höher hat der grobschlächtige Herr Kovacic mit seiner verschüchterten Frau und den beiden ordinären Töchtern seine Wohnung. Als Frau Grollfeuer, die kettenrauchende bessere Dame und Herrin des Hauses, zu ihrem Geburtstag in die Beletage lädt, eskaliert der schwelende Konflikt zwischen den Hausbewohnern: Verachtung und Hass finden erst ihr Ende, als alle an einem vergifteten Kuchen von Frau Grollfeuer zu Tode kommen. Frau Grollfeuers Versuch, sich „in ein Verständnis hineinzutrinken“, ist gescheitert, die vollzogene Volksvernichtung die letzte Konsequenz, denn: „Das Furchtbarste, was es gibt, ist das Volk.“ Werner Schwab VVolksvernichtung, oder meine Leber ist sinnlos aus dem Jahr 1991 ist neben „Die Präsidentinnen“ Werner Schwabs bekanntestes Stück.

Innerhalb kürzester Zeit avancierte der junge Grazer Autor zum erfolgreichsten und produktivsten Stückeschreiber seiner Zeit, heute zählen seine Texte zu den Klassikern der neueren deutschsprachigen Dramatik. Schwab, der in der Silvesternacht 1993/94 im Alter von 35 Jahren an den Folgen einer Alkoholvergiftung starb, gilt als Erfinder einer neuen Theaterkunstsprache – seine meist dem Kleinbürgertum entstammenden Figuren sprechen seltsam grotesk, sie sind Produkte ihrer Sprache. Sinnverwirrend entlarvt diese das erbärmliche Leben der Menschen, doch hinter ihren Verrenkungen bietet sie auch Schutz. Heike M. Goetze, 1978 in Osnabrück geboren, studierte Regie an der Zürcher Hochschule der Künste. Sie hospitierte bei Luk Perceval und George Tabori und war als Regieassistentin in Osnabrück, Berlin und Zürich tätig.

Für ihre Zürcher Diplominszenierung von Juli Zehs Text „Spieltrieb“ gewann sie 2008 den Preis der Körber-Stiftung als beste Nachwuchsregisseurin. Goetze realisierte mehrere Projekte in der freien Szene (z.B. „Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ von Lukas Bärfuss) und inszenierte am Landestheater Tübingen („SumSum“ von Laura de Weck) und am Theater Basel („Mondscheiner“ von Andri Beyeler). In der Saison 2009/10 arbeitete sie am Schauspiel Essen („Blick zurück im Zorn“ von John Osborne), am Schauspiel Hannover („Boys Don’t Cry“) und am Schauspielhaus Zürich („Warum läuft Herr R. Amok?“ nach Fassbinder). In der vergangenen Spielzeit kam am Schauspielhaus ihre Inszenierung „Stiller“ nach dem Roman von Max Frisch zur Premiere – mit dieser Arbeit wurde sie 2011 zum Festival „Radikal jung“ ans Volkstheater München eingeladen.
www.schauspielhaus.ch

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