Carlo Vivarelli: Merce svizzera, 1952. Museum für Gestaltung Zürich, Poster Collection; © ZHdK |
Der Blick richtet sich auf Gegenwärtiges sowie Vergangenes, das in der Ausstellung neu entdeckt werden kann. Die Schau zeigt auf, dass ein eigentlicher Stil in der Schweizer Grafik nicht auszumachen ist, eine bestimmte Haltung hingegen sehr wohl. Die augenfällige Qualität der Arbeiten, ihre solide Verwurzelung im Handwerk sowie Präzision und Reduktion auf das Wesentliche sind ihre Merkmale. Grafik aus der Schweiz spiegelt internationale Tendenzen ebenso wie lokale Eigenheiten. Ironie und Witz sind ihre Begleiter.
Die Ausstellung ist ein bunter Querschnitt durch hundert Jahre visuelle Alltagskultur. Den chronologischen Leitfaden bildet ein umlaufender Fries mit 100 Plakaten aus der Zeit von 1912 bis 2012. Das Medium Plakat hat sich offensichtlich über die ganze Zeitspanne hinweg behauptet, so dass der Bogen von Klassikern der Plakatkunst wie Otto Baumberger bis hin zu Gestaltern der jüngsten Generation reicht. Die Schau macht sichtbar, dass das grafische Gestalten trotz zeitbedingt wechselnder Bedürfnisse, Ansprüche und Techniken um ähnliche Themen kreist: Das Spannungsfeld von Kunst und Grafik manifestiert sich etwa in den Arbeiten von Max Bill, der Dialog zwischen Grafik und Fotografie zeigt sich bei der Tourismus-Werbung von Herbert Matter und die Welt der Zeichen und Symbole im Logo der Migros. Die Werbung ist in Klassikern der Zürcher Werbeagentur GGK und die Dauerbeziehung von Musik und grafischer Kultur in Exponaten der Club-Szene oder im legendären Sirenella-Plakat von Max Huber eingefangen.
«100 Jahre Schweizer Grafik» spricht sowohl Änderungen von Denkmustern an wie auch Konstanten in der Haltung der Gestaltenden oder in der Handhabung gestalterischer Mittel. Diesen Themenfeldern sind ausgewählte Fallstudien gegenübergestellt. Der Fokus richtet sich hier beispielsweise auf die Swissair und deren Erscheinungsbild, die Signaletik des Centre Georges Pompidou in Paris oder die Produktionen der Roten Fabrik. Der Venue-Bereich, eine temporäre Plattform innerhalb der Ausstellung, zeigt nacheinander zwei zeitgenössische, von externen Kuratoren- und Künstlerteams ausgewählte Positionen.
Ergänzend zur Auffächerung der inhaltlichen und historischen Dimension der Schweizer Grafik vermittelt die Ausstellung deren grosse mediale Breite. Neben dem Plakat werden kleinere Drucksachen wie Party-Flyer, Beispiele der Buchgestaltung und der Signaletik, einprägsame Werbekampagnen, Design-Objekte oder bewegte Bilder gezeigt. Viele Exponate stammen aus den reichen Beständen der hauseigenen Grafik- und Plakatsammlung, ergänzt durch wichtige Donationen und Leihgaben. Im Hinblick auf das neue Sammlungszentrum des Museum für Gestaltung Zürich, das im Toni-Areal entsteht, wird der einmalige Fundus an Sammlungsobjekten erstmals in diesem Umfang einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Ein Referenzwerk zur Schweizer Grafik erscheint 2013.
Öffnungszeiten: Di bis So 10 – 17 Uhr Mittwoch 10 – 20 Uhr
100 Jahre Schweizer Grafik
10. Februar bis 3. Juni 2012
Vernissage: Do 9. Februar 12, 19 Uhr
Museum für Gestaltung Zürich
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