Montag, 29. Juli 2013

Spätromantik am Oberrhein

August Bauer, 1905, Weil, Öl auf Leinwand

Weil am Rhein.- Das derzeitige Ausstellungsprojekt in der städtischen Galerie Stapflehus in Weil am Rhein, das als Kooperation zwischen den Geschwistern Christina Blome und Dr. Karl Schweizer und dem Weiler Kulturamt sowie der Weiler Trachtensammlerin Paula Röttele bietet die öffentliche Vorstellung von bislang noch nie öffentlich gezeigten 90 Kunstwerken des in Weil am Rhein aufgewachsenen Künstlers August Bauer.

Gottlieb August Bauer (1828 – 1913) gilt als einer der bedeutendsten Künstler aus Weil am Rhein. Am 21. Februar 1828 erblickte er das Licht der Welt. Sein Vater Lorenz Bauer war Gemeinderechner und Metzgermeister. Über die Mutter, Anna Maria Bauer (geborene Röschard), sind die Geschwister Dr. Karl Schweizer und Christina Blome sowie ihr Cousin Hansjörg Wöhrle mit dem Künstler verwandt. Zum 100. Todestag von August Bauer stellen die Nachfahren nun ausgewählte Ölgemälde, Zeichnungen und Schriften aus dem Nachlass des Künstlers aus. Schon in frühester Kindheit wurde den Geschwistern und ihrem Cousin immer wieder eingeschärft, dass sie beim Spielen auf die Bauer-Bilder achtgeben sollen. Der Nachlass des Künstlers ging über Bauers Patentochter, Elisabeth-Charlotte von Förster, in den Besitz Schweizer-Wöhrle. Die Nachkommen machen somit die Werke quasi als Hommage an ihre Mütter einer breiteren Öffentlichkeit in Weil am Rhein zugänglich. Die meisten Exponate waren noch nie öffentlich zu sehen.

Das Kulturamt der Stadt Weil am Rhein war sofort von der Idee einer Ausstellung zum hundertsten Todestag von August Bauer (16. Februar 1913) begeistert. Es schlug dann auch eine Kombination der auf vielen Porträts dargestellten Markgräfler Trachten mit historischen Originalen vor und bat Paula Röttele darum, einige Beispiele an Trachten aus der Sammlung der rührigen Markgräfler Trachtengruppe auszustellen. Die Landschaften und Porträts aus dem großen Schaffen des Künstlers treffen nun in einem Gebäude auf die Trachten, das selber für die Geschichte des einstigen Dorfes Weil steht. Sabine Theil hat im Auftrag des Kulturamtes die Koordination der Ausstellung vor Ort übernommen. Die Konzeption und Gestaltung der Ausstellung und des begleitenden Katalogs wurden von Christine Cuennet und Diana Blome realisiert. Der Katalog enthält Beiträge über Leben und Werk von August Bauer von Diana Blome, Prof. Dr. Peter Blome, Christine Cuennet und Dr. Karl Schweizer.

„In August Bauers Werken finden wir eine einzige schöne, liebliche Welt, voll Sonne und Reben, glitzerndem Rhein und Poesie. Aber auch besinnliche und nachdenklich machende Himmelsstimmungen vermochte er gekonnt auf Leinwand zu bannen. Zu Lebzeiten von August Bauer war die Gesellschaft auf dem Dorf noch geprägt von einer strengen Erziehung; Sitte und Gehorsam waren angesagt“. Dies sind die Worte der Geschwister Blome-Schweizer, welche im Vorwort des Katalogs zur Ausstellung einladen und meinen, das Eintauchen in Bauers Werke tue der Seele gut. Nachdem Bauer 1850 in die Schweiz emigriert war, um sich dem Kriegsdienst in der großherzoglich-badischen Armee zu entziehen, studierte er von 1853 – 1864 im Münchner Kunstverein. Nach seiner Rückkehr aus München lebte August Bauer bis zu seinem Tod in seinem Heimatort Weil.

Bauer malte in erster Linie Porträts und Landschaften. Er liess sich von der damals führenden Münchner Schule inspirieren. Die klassischen Landschaftsbilder von August Bauer sind klar in Vorder-, Mittel- und Hintergrund aufgeteilt. Figuren werden oft nur als Staffage eingesetzt. Weil am Rhein und Umgebung werden dann idyllisch und idealisiert dargestellt. Die friedlichen Stimmungen erinnern an Landschaftsmaler aus dem 17. Jahrhundert wie Claude Lorrain oder Nicolas Poussin. Die Ausstellung ist aber keineswegs auf idealisierte Landschaftsbilder beschränkt. Man nannte August Bauer schließlich auch „Gewitterbauer“. Wolken, Wind und Wetter sind immer wiederkehrende Sujets im Werk Bauers. Bauers Interesse an Himmel, Luft und Wolken zeigt sich oft in tiefliegenden Horizonten und erinnert an die holländische Landschaftsmalerei aus dem 17. Jahrhundert. Auch der Einfluss der Romantik ist in mehreren Werken Bauers deutlich sichtbar. So z.B. in einem Ölgemälde, welches eine mit Sträuchern und Gras bedeckte Ruine in der Abendröte zeigt. Schließlich lassen Bauers Landschaften auch eine Hinwendung zum Naturalismus erkennen. Die damals neue Landschaftsmalerei in München, später bekannt unter dem Namen intime Landschaft oder paysage intime, implizierte ein neues Verhältnis zwischen dem Künstler und der Natur. Im Gegensatz zur Landschaft der Romantik, in der die Natur die Gemütsstimmung des Malers widerspiegelte, kehrte die intime Landschaft dieses Verhältnis um. Eine möglichst natürliche Wiedergabe der Landschaft wurde angestrebt.

Auch in seiner Porträtmalerei lässt sich August Bauer von verschiedenen Tendenzen und Strömungen beeinflussen. Am Anfang seiner Künstlerkarriere verpflichtete er sich noch der klassizistischen Porträtmalerei, welche in Deutschland bis Mitte des 19. Jahrhunderts populär war. Nach dem romantischen Vorbild kombinierte Bauer später Porträts mit der Gattung der Landschaftsmalerei. Das helle Inkarnat der Gesichter hebt sich deutlich von den hügeligen Landschaften ab, welche in dunklem Kolorit gehalten sind. Auch die im Biedermeier großgeschriebenen weiblichen Tugenden „Unschuld“, „Sanftmut“ und „Frömmigkeit“ dominieren manche seiner Frauenbildnisse. Mit dem Studium im Münchner Kunstverein begann Bauers Hinwendung zum Realismus. Schönheit war nicht mehr die wichtigste Eigenschaft des Porträts, sondern man wollte die Wirklichkeit zeigen. Es ging um das Abbild einer Persönlichkeit. Bauer hat mit verschiedenen Malrichtungen experimentiert und fand schließlich seinen eigenen Porträtstil.

Die breite künstlerische Palette der Werke von Bauer mag mit der Vielfältigkeit der deutschen Malerei im 19. Jahrhundert zusammenhängen. Das 19. Jahrhundert repräsentiert, im Gegensatz zu früheren Epochen, keine stilistisch einheitliche Periode mehr. Die Loslösung vom Ancien régime war ein Umbruch und bedeutete nicht nur eine soziale Umstrukturierung, sondern forderte auch eine totale Neuordnung des Kunstschaffens. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung des Künstlers unter dem deutlich erkennbaren Einfluss der Münchner Schule. Landschaften, welche Weil und Umgebung zeigen sowie die vielen Damen in der Markgräfler Tracht, machen Bauers Kunst für die Region zum wichtigen kulturellen Erbe und Andenken an frühere Zeiten und lokales Kunstschaffen.

Der Katalog zur Ausstellung ist während der Öffnungszeiten im Stapflehus und im Museum am Lindenplatz erhältlich.

Die Ausstellung ist geöffnet bis zum 8. September, jeweils samstags von 15 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr.

Spätromantik am Oberrhein
Werke von August Bauer
bis 8. September

Galerie am Stapflehus
Bläsiring 10,
79576 Weil am Rhein
Telefon: 07621 79656
www.stapflehus.de/home/h.htm

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