Freitag, 1. November 2013

Vintage

Arrangement von Vintage-Stücken, Möbel Zürich, 201. Foto: Regula Bearth; © ZHdK
Zürich.- Immer neue Dinge müssen her! Unsere Konsumkultur lebt davon. Neuerdings darf dieses Neue aber auch alt sein und gebraucht – oder zumindest so aussehen. «Vintage» heisst diese Bewegung, die sich ursprünglich als Alternative in der Konsumkultur des ausgehenden 20. Jahrhunderts eingerichtet, mittlerweile breite Kreise und Teile der Massenproduktion erfasst hat. Das Museum für Gestaltung Zürich widmet dem Thema ab 12. November eine Ausstellung.

«Vintage» steht für die Wertsteigerung, die ein Objekt durch Alterung, Selektion und Verknappung erfährt – selbst wenn diese künstlich herbeigeführt sind. Der Begriff meint aber auch den lustvollen Umgang mit Geschichte, das Mixen von Stilen. Denn nichts wirkt so antiquiert wie ein Komplettlook aus makellos neuer Designerware. Patina hingegen zeugt von einer bewegten Vergangenheit und stilisiert das Massenprodukt zum Unikat.

In einer zunehmend globalisierten und anonymisierten Welt bedienen Vintage-Objekte, die sich dem Anschein nach bewährt und die Zeit überdauert haben, die verbreitete Nostalgie. Sie garantieren Authentizität. Das Prinzip Vintage ist allerdings ein komplexes System mit beträchtlichem kreativem und wirtschaftlichem Potenzial. Die Ausstellung beleuchtet die unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Facetten dieses Phänomens. Sie zeigt rare Sammlerstücke, ebenso wie künstlich gealterte Objekte aus industrieller Produktion, Retro-Modelle und brandneues Design der Luxusklasse.

Dabei richtet sie den Blick auch auf die fragwürdigen Aspekte unserer Sehnsucht nach Objekten mit Geschichte: Wie stehen wir zu den heute üblichen sandgestrahlten Jeans? Warum kaufen sich Berühmtheiten Hosen, die so aussehen, als hätte sie ein Farmer im Mittleren Westen getragen, oder was gefällt uns an handwerklich aufwendig patinierten Möbeln im Shabby Chic-Stil?

Die Ausstellung präsentiert rund 100 herausragende Vintage-Stücke aus der Welt der Mode, des Möbel- und Produktdesigns, zu denen ein in der Ausstellung aufliegendes Glossar ausführliche Informationen liefert. In sechs Themenkreise gegliedert, erzählt sie Geschichten von der Faszination, die von Secondhand-Ware ausgeht (an Objekten des Sammlers Alexander von Vegesack), hinterfragt was ein Original und dessen Aura ausmacht (der legendäre Rot-Blaue Stuhl Gerrit Rietvelds ist zu sehen) oder zeigt die Mechanismen der Retro-Welle von Sportbekleidung der 1960er Jahre auf, wie sie sich in der Hip Hop-Community der 1980er-Jahre manifestierte.

Zwei Exponate hat das Museum für Gestaltung speziell für diese Ausstellung in Auftrag gegeben: Der Film, der das «Finishing» eines Möbels im Shabby Chic-Stil in Indien zeigt, greift das Thema Patina auf. Und der Teppich des Designers Jan Kath, dessen nach traditioneller Knüpftechnik gefertigtes Design die Ästhetik des «Used Look» in die zeitgenössische Textilkunst übersetzt, veranschaulicht den konzeptuell weitergespinnten Vintage-Gedanken. Beide Objekte – das günstige Produkt aus Indien wie das anspruchsvolle aus dem Iran – sind für eine vom «Vintage»-Trend erfasste westliche Käuferschaft bestimmt. Neu, alt, getragen, gebleicht oder mit Sandstrahlern bearbeitet: Anhand von Jeans werden die unterschiedlichen Aspekte des Vintage in einem eigenen Themenkreis aufgezeigt.

Als wichtige Figur in dieser Thematik wirft die Ausstellung ein besonderes Augenmerk auf den belgischen Modeentwerfer Martin Margiela. Auf die Themenbereiche verteilt, spannen verschiedene Stücke den Bogen von Kollektionen aus uminterpretierten Secondhand-Textilien der frühen 1990er-Jahre bis hin zu Entwürfen, die sich konzeptionell mit dem Verfalldatum von Mode beschäftigen.

Öffnungszeiten: Di bis So 10 – 17 Uhr Mittwoch 10 – 20 Uhr

Vintage – Design mit bewegter Vergangenheit
13. November 2013 bis 6. April 2014
Vernissage: Di 12. November 13, 19 Uhr

Museum für Gestaltung Zürich
Ausstellungsstrasse 60
CH-8005 Zürich
0041 (0)43 446 67 67
welcome@museum-gestaltung.ch
www.museum-gestaltung.ch

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