Montag, 16. März 2009

Besucher strömen und ein Soldat repariert das Grammofon

Freiburg.- Das Theater Freiburg kann eine überaus erfolgreiche Bilanz für die Spielzeit 2007/2008 vorweisen - trotz sinkender Zuschüsse und Einsparungen von 1 Million Euro in den vergangenen drei Jahren. Und das Haus wurde für die vergangene Spielzeit bereits zum zweiten Mal hintereinander von der Fachzeitschrift „Die Deutsche Bühne“ für die überzeugendste Theaterarbeit in Deutschland abseits der großen Theaterzentren ausgezeichnet. Ein Beispiel für ungewöhnliche Aufführungen und Ideen ist das Stück "Wie der Soldat das Grammofon repariert", ein Schauspiel nach dem Roman von Saša Stanišic. Deutsche Erstaufführung: Samstag, 21. März 2009, 20 Uhr, Kleines Haus. Nach der Grazer Uraufführung ist Freiburg das zweite Theater, das diesen Text auf die Bühne bringt. Dazu geselllt sich ein Bosnien-Schwerpunkt.
Im Laufe der letzten beiden Spielzeiten konnte das Theater die Gesamtbesucherzahl um insgesamt 11.000 auf zuletzt 209.000 Besucher gesteigert werden. Nicht zuletzt deshalb wurden in der Spielzeit 2007/2008 die höchsten Erlöse aus dem Ticketverkauf in der Geschichte des Theaters Freiburg erzielt. Der soeben von der Intendantin Barbara Mundel und dem Kaufmännischen Direktor Klaus Engert vorgelegte Jahresabschluss für die Spielzeit 2007/2008 schließt mit einem Jahresgewinn von 20.000 €. Gewürdigt wird die erfolgreiche Arbeit nun auch durch den Gemeinderat der Stadt Freiburg, der zum erstenmal für das Theater Freiburg eine fünfjährige Zielvereinbarung beschlossen hat. Wesentlicher Bestandteil der Zielvereinbarung ist eine Festschreibung des städtischen Zuschusses von 2009 bis 2013 verbunden mit der Zusage, dass in diesem Zeitraum anfallende Mehrkosten durch Tariferhöhungen in voller Höhe durch die Stadt übernommen werden.

Doch nun zur nächsten Premiere: Autor Sasa Stanisic wurde 1978 in Visegrad, einer Stadt in Bosnien-Herzegowina, geboren. Im Alter von 14 Jahren musste er mit seiner Familie auf Grund des ausbrechenden Kriegs sein Heimatland verlassen. Als Emmigrant in Deutschland lernt er innerhalb von sechs Monaten Deutsch, die Sprache, in der er Jahre später seinen ersten Roman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ schreibt, und damit 2006 sofort auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis landet. Die Regisseurin Tanja Krone, die in Freiburg bereits „the 99 most beautifuls names of Allah“ in der Kammerbühne zeigte, und zur Zeit in dem Wissenschaftsprojekt des Theaters zur „Optimierung des menschlichen Gehirns“ mitarbeitet, stellt ihre erste Arbeit im Kleinen Haus vor.

Stanisic Roman erzählt von einer verzauberten Kindheit in Jugoslawien, in der ein Großvater seinem Enkel verspricht, dass mit Hilfe eines Zauberstabs und der Treue zu den Statuten Titos im Bund mit anderen blockfreien Staaten niemals etwas Böses passieren kann. Dass dies eventuell nicht ganz stimmt, deutet sich schon vor dem Tod des besagten Großvaters an, könnte aber noch zu einem Balkanwestern gehören, der einem einen genüsslichen Erschöpfungsseufzer entlockt: Auf der Pflaumenerntefeier bei den ca. 150-jährigen Urgroßeltern wird die halbe Welt gefressen (und mühsam wieder ausgekackt), es wird gegeigt, geküsst, getanzt und eben auch geschossen.

Später, als der Krieg in Visegrad landet, einer Stadt, die wegen ihrer traditionsreichen Brücke über die Drina - aus osmanischer Zeit – einst zu Bedeutung und Reichtum gelangte, ist dieser östliche Westernflair vorbei. Stattdessen keimt die nie gekannte Angst vor einer Gewalt, die alles auslöschen kann, welche die Erwachsenen vor dem kindlichen Erzähler verstecken, die sich aber – einmal geschehen – nicht mehr rückgängig machen lässt. Ausgerechnet die Brücke von Visegrad wird Schauplatz von massenhaften ethnischen Säuberungen.

Stanisic findet eine Sprache für das eigentlich Bedrohliche, Irrationale, grundsätzliche Übel des Krieges, jenseits einer tagespolitischen Aktualität. Wenn serbische und bosnische Truppen sich in einer Feuerpause ein wahnsinniges Fußballmatch liefern, das am Ende zu einem Spiel um Leben und Tod wird, obwohl alle vom Brüllen und Sterben die Nase voll haben, findet Stanisic ein brillantes Bild für den gesamten Balkankrieg: Die Beschädigungen sind ungleich verteilt. Das stellt der, aus dem Westen kommende, seine Spuren in der Vergangenheit suchende, Erzähler fest. Aber auch er duckt sich schließlich weg.
In Kürze:
Wie der Soldat das Grammofon repariert
Schauspiel nach dem Roman von Saša Stanišic

Premiere: Samstag, 21. März 2009, 20 Uhr, Kleines Haus
Regie Tanja Krone; Bühne und Kostüme:Margret Burneleit; Dramaturgie Viola Hasselberg; Musik Sebastian Kunas, Marko Siegmeier
Mit:Frank Albrecht André Benndorff Bettina Grahs Elisabeth Hoppe Melanie Lüninghöner Konrad Singer Julius Vollmer

Weitere Vorstellungen im Kleinen Haus:

Mi 25.03. 20 Uhr
Di 31.03. 20 Uhr
Do 02.04. 20 Uhr (Schwerpunkt Europa – Bosnien)
Mi 08.04. 20 Uhr

Weitere Vorstellungen bis Ende Juni 2009 sind in Planung.

Vorschau April:

Schwerpunkt Europa – Bosnien
Vorstellungen – Filme – Diskussionen

Do. 2.4. 20 Uhr, Kleines Haus
„Wie der Soldat das Grammofon repariert“
(anschl. Publikumgespräch)

Fr. 3.4. 20.30 Uhr, Kammerbühne
Premiere: „Karadzic.Guru“, Ensemble- Projekt von Katrin Hentschel
Anschließend: „Brandherd: Bosnien“, Theatrales Infotainment via
Skype mit Gästen aus Sarajevo, Den Haag und Freiburg

Sa.4.4. ab 16 Uhr, Kammerbühne
„Lange Filmnacht Bosnien“, Internat. Dokumentarfilme aus 14 Jahren

Theater Freiburg
Bertoldstr. 46
79098 Freiburg i.Br.
www.theater.freiburg.de

Kartenverkauf Theaterkasse
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Fax: 0761 201 28 98
E-Mail: theaterkasse@theater.freiburg
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