Freitag, 1. Mai 2009

Der Räuber, der aus dem Ton kam

von Petra Gabriel
Frick.- Als er starb, war er noch ein Halbstarker, maß von der Schwanz- bis zur Nasenspitze über seinen gruselig spitzen Zähnen etwa zweieinhalb Meter. Er war eher zierlich gebaut, sehr wendig und schnell. Mit ziemlicher Sicherheit war er ein ER. Und er starb bereits vor etwa 200 Millionen Jahren, kurz vor der Wende des erdgeschichtlichen Trias zum Jura. Trotzdem berechtigen die Teile seines Skeletts zu den schönsten Hoffnungen: Im Erdmittelalter scheint in der Region um Frick so etwas wie ein Jurassic Park gewesen zu sein. Vielleicht gab es dort auch in der ansonsten eher wüstenartigen Landschaft besonders schöne Schachtelhalm-Oasen. Er ist jedenfalls der erste Raubdinosaurier, der überhaupt in der Schweiz gefunden worden ist. Das Prachtstück, für die Forschung ein Glücksfall, ist seit Ende April im Sauriermuseum im Schweizer Frick zu bewundern.
Nun hofft nicht nur Museumsleiterin und „Dinomama“ Monika Rümbeli auf Gesellschaft für ihren neuen Schützling. Gut, einen Raubdinozahn hie und da haben die Paläontologen schon gefunden, aber was Michael Fischer, Lehrer an einem Basler Privatgymnasium, da in der Fricker Tongrube Gruhalde endeckt hat, ist außergwöhnlich und hat die Fachwelt in helle Aufregung versetzt. Noch ist nicht genau ausgemacht, zu welcher Gattung Raubdinosaurier der Fund aus der Tongrube Gruhalde genau gehört. Die Experten – und davon haben sich bereits einige mit diesem Halbstarken beschäftigt – ordneten ihn der Gattung Coelophysiedae zu.

Seine letzte Mahlzeit war eine Brückenechse. Die Reste des Tierchens, das dem Raubdino kurz vor seinem Ableben in die Fänge geriet, sind mit ihm zusammen versteinert. Die Knöchelchen können aufgrund ihrer Lage einwandfrei als Mageninhalt gelten. Letzterer ist nämlich nicht immer so zweifelsfrei auszumachen. Es ist schließlich immer mal möglich, dass zwei Tiere zusammen versteinert sind.

Entdecker Michael Fischer hat inzwischen eine Ehrenkarte und damit lebenslang freien Eintritt fürs Sauriermuseum in Frick. Damit kann er sich sein Prachtstück anschauen, so oft er möchte.

Das Museum hat neben dem neuen original Raubdino noch diverse andere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Zuvorderst zu nennen ist das komplette Skelett eines Plateosaurus von 4,5 Metern Länge, das in derselben Lage ausgestellt wird, in der es gefunden worden ist. Natürlich auch in der Fricker Tongrube, allerdings mehr als zehn Meter tiefer, in einer Schicht, die kurz nach dem Beginn des Trias entstanden sein muss. Die obere Galerie ist den Versteinerungen von Meerestieren wie Ammoniten gewidmet, die aus dem Beginn der Jurazeit stammen – als die Wüste um Frick überflutet wurde und ein tropisches Flachmeer entstand. Daneben prunken große Schnecken, Muscheln, Haizähne und die Schädelreste eines Fischauriers in den Vitrinen.

Doch zurück zum Raubdino. Niemand hatte eigentlich erwartet, in der Erdschicht, die die Grenze vom Trias zum Jura markiert, einen solchen Schatz zu finden. Doch die Experten wurden im Frühling 2006 eines Besseren belehrt. Nun geht die Suche natürlich mit doppelter Intensität weiter. Die Tongrube von Frick ist nicht nur deshalb so einmalig, weil der Ton die Knochen besonders gut konserviert, sondern auch, weil sie eine offene Fundstelle ist und dazu noch eine der wichtigsten in Europa.

Präpariert wurde der Ausnahmefund von Dr. Ben Papst, die wissenschaftliche Bearbeitung übernahmen Dr. Winand Brinkmann von der Universität Zürich und seine beiden Masterstudenten Lui Unterrassner und Jasmina Hugi. Zur Dino-Versteinerung wurde eine Rekonstruktion des ganzen Tieres in die Vitrine gestellt, geschaffen von Beat Scheffold, von dem auch das große Wandgemälde stammt, das den Plateosaurus in seiner damaligen Umwelt zeigt. Zumindest, soweit man diese bisher rekonstruieren kann.

Die Dinos sind ausgestorben, aber die Brückenechsen gibt es immer noch – auf Inseln vor Neuseeland. Und Michael Fischer, der Mann, der den großen Fund machte, plant weitere: „Wenn ich nicht mindestens 100 Begehungen im Jahr mache, werde ich unruhig“, erklärt der Geschichts- und Geografielehrer mit glänzenden Augen, der zu seinen Exkursionen auch immer mal wieder seine Schüler mitnimmt. Hedi Birrer, Gemeinderätin und Präsidentin der Fricker Saurierkommission freut’s. Denn so ist auch der Forscher-Nachwuchs garantiert.
Bilder:
Entdecker Michael Fischer (links) und Präparator Dr. Ben Pabst mit dem neuen Ausstellungsstück im Sauriermuseum Frick: dem ersten Raubdino, der in der Schweiz gefunden worden ist.

Der Plateosaurus – ebenfalls ein Fundstück aus der Tongrube Gruhalde in Frick.
Fotos: Petra Gabriel

Infos:
Das Sauriermuseum liegt nur 5 - 10 Gehminuten vom Bahnhof Frick. Es befindet sich im Untergeschoss des Schulhauses 1912 (blauer Eingang an der Rückseite des Gebäudes) an der Schulstrasse 22 bei der Maschinenfabrik J. Müller AG.
Info Telefon +41 62 865 28 06
E-Mail: dino(at)sauriermuseum-frick.ch

Das Museum ist jeden ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 - 17 Uhr geöffnet. Ab 1. Mai jeden Sonntagnachmittag.
Leider ist das Museum nicht rollstuhlgängig.

Eintrittpreise und Führungen
Erwachsene: Fr. 4.00
Schulkinder: Fr. 2.00

Führungen für Gruppen ausserhalb der Öffnungszeiten sind nach Absprache mit Frau Monica Rümbeli (Tel. +41 62 871 53 83) möglich.
Dauer: ca. 1 Stunde.
Kosten: zusätzlich zu den Eintrittspreisen:
für Schulklassen Fr. 60.00
für alle übrigen Gruppen Fr. 80.00
http://www.sauriermuseum-frick.ch/

Allerlei Zweifel in der Eifel

Wer noch immer glaubt, Liebe und Mordlust haben nichts miteinander zu tun, wird vom Leben manchmal eines Besseren belehrt. Und wenn dann auc...