Das Heft zur Ausstellung, 64 Seite, 29 Farbillustrationen; zweisprachige Ausgabe französisch/deutsch
Erstein.- Zwei Künstlerpersönlichkeiten stehen derzeit im Fokus der vierten Ausstellung des Musée Würth France Erstein: der chinesischstämmige Gao Xingjian, der heute französischer Staatsbürger ist und in Paris lebt, und der Deutsche Günter Grass. Dazu bietet das Museum bis Ausstellungsende am 16. Mai 2010 noch ein Kulturprogramm mit Konzerten, Vorträgen, einem Theaterstück von Gao, einer Lesung und die Möglichkeit an, Gao zu begegnen.
Bereits in einer ersten Ausstellungsstation im Museo Würth La Rioja sahen über 20.000 Besucher die Bilder Gaos. Das Musée Würth France Erstein übernimmt diese Zusammenstellung, erweitert jedoch das Konzept und stellt dem sensiblen, minimalistischen Œuvre Gaos in einer Auswahl die großen Aquarell- und Tuschezyklen von Günter Grass gegenüber, die sich im Bestand der Sammlung Würth befinden – eine Tatsache, die natürlich zu der Idee dieser Gegenüberstellung wesentlich beigetragen hat.
Die Ausstellung Im Schatten der Wörter stellt einen Dialog zwischen zwei Künstlern dar, die in erster Linie für ihre literarischen Arbeiten bekannt sind, aber die sich beide auch zu einer bildnerischen Praxis bekennen. Ihre Malerei war immer eng mit ihrem schriftstellerischen Schaffen verbunden. Bei Gao Xingjian löst sie die Wörter ab, wenn jene an Elan verlieren, während sie bei Günter Grass ein und derselben grafischen Geste entspringt. Indem der erste sich vom Schreiben befreit, um zur gemalten Form Zugang zu finden, trennt er die beiden Ausdrucksformen streng, während der zweite beide Disziplinen im Schöpfungsprozess wie auch auf dem Blatt Papier miteinander verbindet.
Diese Begegnung im Musée Würth France Erstein verfolgt das Ziel, die künstlerische Arbeit von zwei Autoren, die ebenso Dichter wie Romanschriftsteller, Maler und Dramatiker sind, unter einem neuen Blickwinkel darzustellen.
Musée Wuerth
Z.I. ouest / rue Georges Besse / BP 40013 / F – 67158 Erstein cedex
Tél. : + 33 (0) 3 88 64 74 84 / Fax : + 33 (0) 3 88 64 74 88
Internet: www.musee-wurth.fr
E-mail: mwfe.info@wurth.fr
Öffnungszeiten
Dienstags bis Sonntags von 11.00 bis 18.00 Uhr
Eintrittspreise
Regulärer Eintritt: 4 €
Ermäßigter Eintritt: 2 € (Studenten, Senioren, Cezam-Karte, Gruppen ab 10 Personen)
Kostenlos: Museumspass, Schulgruppen
Biografien
GAO XINGJIAN
1940: Gao Xingjian wird am 4. Januar als Sohn einer wohlhabenden, liberalen und kulturell offenen Familie in
Gangzhou, China, geboren.
1951-57: Schulausbildung am amerikanischen Gymnasium in Nanking, China. Gao freundet sich mit seinem
Lehrer, der ihn in die Techniken der modernen Kunst einführt und ihn mit den modernen Künstlern vertraut
macht (Matisse, Picasso, die russischen Realisten sowie die amerikanischen Künstler zwischen den beiden
1957-62: Diplomabschluss am Fremdspracheninstitut in Peking.
1962-70: Französischübersetzer in Peking: übersetzt insbesondere Ionesco, Prévert, Michaux Artaud und
1966: Beginn der chinesischen Kulturrevolution.
1970-75: Wird in ein Umerziehungslager aufs Land verbannt, wo er als Bauer arbeiten muss. Er wird
gezwungen, seine Manuskripte zu verbrennen.
1975: Rückkehr nach Peking und Wiederaufnahme der Übersetzertätigkeit.
1978: Erste Reise nach Europa, in Begleitung einer chinesischen Schriftstellerdelegation. Gao entdeckt die
großen Museen Frankreichs.
1979: Erste Veröffentlichungen in avantgardistische Literaturzeitschriften (Essays, Kurzgeschichten und
1981: Sein Werk Erster Essay zur Kunst des modernen Romans bewirkt in China eine umfassende Debatte über
„Modernismus“ und „Realismus“.
1982: Sein Theaterstück Das Alarmsignal markiert den Beginn des experimentellen Theaters in China und führt
zu einer heftigen Debatte.
Musée Würth France Erstein – Oktober 2009
1983: Sein Theaterstück Die Busstation wird von den chinesischen Machthabern verboten. Gao wird Zielscheibe
massiver Attacken während der politischen Bewegung „Kampf gegen die geistige Verschmutzung“.
1983-84: Verlässt Peking und unternimmt mehrere lange Reisen in die Region Sichuan und in das Yang-Tse-
1985: Hält sich auf Einladung des DAAD (Deutscher Akademischer Austausch Dienst) und des französischen
Auswärtigen Amts (Ministère des Affaires Etrangères) acht Monate lang in Europa auf. Seine erste
Kunstausstellung im Berliner Künstlerhaus Bethanien wird ein Erfolg.
1987: Auf Einladung des Morat Instituts für Kunst und Kunstwissenschaft und des französischen
Kulturministeriums (Ministère de la Culture) verlässt Gao China und lässt sich in Paris nieder, wo er seinen 1982
in China begonnenen Roman Der Berg der Seele beenden möchte.
1989: Nach den Ereignissen am Tian’anmen-Platz schließt er seinen Roman ab und schreibt das Stück Die
Flucht, welches ein Verbot all seiner Werke in China nach sich zieht. Die chinesische Polizei beschlagnahmt
seine Wohnung in Peking. Er lässt sich definitiv in Frankreich nieder und erhält den Status eines politischen
1992: Gao wird in Frankreich zum Chevalier de l'Ordre des Arts et des Lettres ernannt.
1995: Sein Roman Der Berg der Seele wird auf französich veröffentlicht.
1997: Gao erhält die französische Staatsbürgerschaft.
1998: Sein Roman Das Buch eines einsamen Menschen wird vom Verlag Lianjing in Taipeh in Taiwan
2000: Veröffentlichung des autobiografischen Romans Das Buch eines einsamen Menschen. Gao erhält den
Literaturnobelpreis sowie den italienischen Premio Letterario Feronia. Er wird zum Chevalier de la Légion
d'Honneur ernannt.
2001: Dotor Honoris Causa der Universität Sun Yat-sen, Taiwan, und der Universität Aix-Marseille Provence.
Ehrengrad des Doktors der Literatur der chinesischen Universität in Hongkong.
Gesamtausstellung seines bildnerischen Werks in der großen Kapelle des Papstpalastes in Avignon.
2002: Mitglied des Comité de lecture de la Comédie Française. Die American Academy of Achievement übergibt
ihm den Golden Plate Award.
2003: Mitglied der Académie universelle des cultures in Paris.
2005: Doctor Honoris Causa der Universität von Taiwan.
2006: Gao schreibt das Drehbuch La Silhouette sinon l’ombre, das von Alain Melka und Jean-Louis Darmyn
Gao Xingjian lebt und arbeitet in Paris.
GÜNTER GRASS
Biografie
1927: Günter Grass ist am 16. Oktober in Danzig geboren. Er wurde schon in der Schulzeit in seinen
schriftstellerischen und bildhauerischen Neigungen von zuhause gefördert
1944-45: Luftwaffenhelfer und Soldat. Amerikanische Kriegsgefangenschaft in Bayern
1946: Arbeit bei Bauern und in einem Kalibergwerk bei Hildesheim
1947-1956: Steinmetzlehre in Düsseldorf, Studium der Bildhauerei und Grafik an der Kunstakademie Düsseldorf
und an der Hochschule für Bildende Künste Berlin
1955: Erste Lesung vor der Gruppe 47 (Gruppe 47 bietet jungen Schriftstellern eine Plattform zur Erneuerung
der deutschen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg)
1956: Erste Publikation, die Bild und Text vereint: Die Vorzüge der Windhühner. Umzug nach Paris. Erste
Ausstellung von Plastiken und Grafiken in Stuttgart
1959: Roman Die Blechtrommel erscheint (erster Roman der Danziger Trilogie, zu der noch Katz und Maus. Eine
Novelle, 1961, und Hundejahre, 1963, gehören). Uraufführung des Balletts Fünf Köche (Aix-les-Bains/Bonn)
1960: Umzug nach Berlin. Gleisdreieck (Gedichte und Kohlezeichnungen). Berliner Kritikerpreis
1961: Erstmals Unterstützung des Wahlkampfs der SPD und Willy Brandts. Grass begleitet der Kanzler Willy
Brandt auf einige Staatsbesuchen (Polen, Israël)
1962: Französischer Literaturpreis für Die Blechtrommel als bestes ausländisches Buch
1965: Georg-Büchner-Preis
1976: Mit Heinrich Böll und Carola Stern Begründer und Herausgeber der Zeitschrift L’76. Teilnahme am
Bundestagswahlkampf der SPD gemeinsam mit Siegfried Lenz
1977: Der Butt (Roman)
1978: Stiftung des Alfred-Döblin-Preises (Preis für unveröffentlichte Prosa; Literarisches Colloquium Berlin und
die Akademie der Künste (Berlin) richten den Literaturwettbewerb alle zwei Jahre aus)
1979: Verfilmung der Blechtrommel von Volker Schlöndorff unter Mitwirkung von Grass
1986: Die Rättin (Roman)
1986-1987: Aufenthalt in Kalkutta (Indien), der Grass verarbeitet 1988 in Zunge zeigen (Prosaessay,
Zeichnungen, Langgedicht)
1990: Totes Holz (Texte und Zeichnungen). Ehrendoktorwürde der Universität Posen
1991: Kritik der politischen Leitung der Wiedervereinigung
1993: Novemberland (Sonette und Zeichnungen). Ehrendoktorwürde der Universität Gdansk (Danzig).
Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Danzig. Der Steidl-Verlag in Göttingen übernimmt die Weltrechte am
Werk von Grass
1997: Fundsachen für Nichtleser (Gedichte und Aquarelle =Aquadichte)
1999: Mein Jahrhundert (Zeichnungen und Texte). Grass erhält den Literaturnobelpreis
2002: Im Krebsgang(Novelle). Eröffnung des Günter Grass-Hauses in Lübeck
2005: Hans Christian Andersen-Preis, Kopenhagen. Indien-Reise. Im Bundestagswahlkampf engagiert sich
Günter Grass zugunsten des „rot-grünen Projekts“
2006: Beim Häuten der Zwiebel, Erinnerungsbuch. Günter Grass löst mit seinem Bekenntnis; erregt eine große
und kontroverse Debatte
Seit 1995 lebt und arbeitet Günter Grass in Lübeck.