William Forsythe; The Defenders Part 2, 2008. Installation: 50 mirrors, 50 sweaters, veel carpet, spotlights, sound; ca. 1000 x 800 cm. Ursula Blickle Foundation
Zürich.- Die Gruppenausstellung «While Bodies Get Mirrored» im Zürcher Migros Museum für Gegenwartskunst bringt ab 5. März Arbeiten zusammen, die ein Spannungsverhältnis von Bewegung und Raum thematisieren und dafür ein formalistisches Zeichenvokabular aufnehmen und reaktivieren. Ein Fokus der Ausstellung ist der Einfluss des (post)modernen Tanzes und dessen Choreografie in der zeitgenössischen Kunst. Weitere zentrale Fragestellungen bilden die Re-Präsentation des Performativen und die Notation von Bewegung und tänzerischen Handlungsvorgängen mit verschiedensten Medien – von der klassischen fotografischen und filmischen über die skulpturale und installative Weise.
Der frühe postmoderne Tanz mit seiner Behauptung «jede Bewegung der Teil eines Tanzes und jeder Mensch ein Tänzer» kann einerseits als historisches Brückenmoment zum Modernismus, andererseits aber auch als Moment gelesen werden, das die in der Ausstellung gezeigten Positionen verkettet. Im postmodernen Tanz hat sich das Erbe der formalistischen Bewegungsausdrücke gesetzt und weiterentwickelt und rückwirkend die zeitgenössische bildende Kunst geprägt. Gerade in den letzten Jahren konnte bei jüngeren Künstlern ein verstärktes Interesse an der Wiederaufnahme und -entdeckung dieser Avantgarde-Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts ausgemacht werden – sowohl aus formalästhetischer als auch sozialer Sicht. Formalästhetisch werden dabei Momente des Spiegelns, Reflektierens, Funkelns und der Zergliederung komplexer Formen in ihre einfachen geometrischen Bestandteile aufgenommen und zu wichtigen Ausdrucksmitteln einer formalen Sprache.
Die dreizehn in der Ausstellung gezeigten internationalen Positionen bezeichnen den unterschiedlichen Einsatz und die verschiedenen inhaltlichen Funktionen einer solchen Sprache: Delia Gonzalez (*1972, USA), Hanna Schwarz (*1975, D) und Kelly Nipper (*1971, USA) nehmen dabei direkt Tanzbewegungen zitathaft in ihre Videoarbeiten auf und erweitern diese oftmals in einen räumlichen Kontext. So schafft Gonzalez als räumliche Inszenierung eine Bühnensituation, in der sie ihren Film («Not yet titled», 2010) präsentieren wird. Ebenfalls wird das politische Potenzial von Bewegung untersucht – so etwa bei Anetta Mona Chisa (*1975, Rumänien) & Lucia Tkácová (*1977, Slowakei), die in ihrer Videoarbeit «Manifesto of Futurist Woman (Let's Conclude)» (2008) uniformierte Majoretten vor der Videokamera marschieren und per Flaggenalphabet das «Manifest der futuristischen Frau» verbreiten lassen. Auch Anna Molska (*1983, Polen), Mai-Thu Perret (*1976, CH) oder Paulina Olowska (*1976, Polen) untersuchen einen solchen politischen Ansatz. Sie versuchen, eine Art «soziale Choreografie» (Andrew Hewitt) zu ergründen, wenn sie sich in ihren Arbeiten mit Tanz und Bewegung auseinandersetzen.
William Forsythe (*1949, USA), Martin Soto Climent (*1977, Mexiko) und Julian Goethe (*1966, D) erweitern ihre Arbeiten in den skulpturalen Bereich hinein und untersuchen die Verfestigung von Bewegung. So bezeichnet Forsythe seine Raumskulptur «The Defenders Part II» (2008), eine Anordnung von über siebzig ineinander verkeilten Spiegeln auf rotem Teppich, als «performatives Objekt». Als historisches Beispiel gilt die Arbeit «A Study in Choreography for Camera» (1945) von Maya Deren (1917–1961), die sich in ihrem Schaffen sehr früh für die Synthese von Film und Tanz interessiert hat. Auch die experimentelle Filmemacherin Babette Mangolte (F/USA), die während der 1970er und 1980er Jahre unzählige Performances u. a. von Trisha Brown, Yvonne Rainerund Richard Foreman dokumentierte, beschäftigt sich ausführlich in ihrem Schaffen mit der Frage nach der Repräsentation des Performativen. Silke Otto-Knapp (*1970, D) nimmt oftmals fotografisches Dokumentationsmaterial von Ballettinszenierungen als Ausgangsmaterial für ihre Malerei. Dabei fokussieren ihre monochromen Bilder das Moment der Bewegung der Figur und verdichten dieses.
Parallel zur Eröffnung wird Martin Soto Climent eine Performance im Museum durchführen. Im März wird Kelly Nipper im Museum eine Performance präsentieren, die im Zusammenhang mit ihrer Videoinstallation, die in der Ausstellung gezeigt wird, entsteht. Im April und im Mai, finden zwei Filmvorführungen statt, die sich dem Solo-Tanz des 20. Jahrhunderts widmen. Mit Tanzfilmen u. a. von Jérôme Bel, Trisha Brown, Isadora Duncan, William Forsythe, Loie Fuller, Miriam LaVelle und Erna Omarsdottir.
Katalog: Im Anschluss an die Ausstellung wird im Juni 2010 eine ausführliche Anthologie mit dem Titel «Zwischenzonen – Repräsentationen des Performativen» erscheinen, die sowohl die aktuelle wie die Ausstellung «While Interwoven Echoes Drip into a Hybrid Body – An Exhibition about Sound, Performance and Sculpture» (2006) diskutiert und erweitert. Im Zentrum dieser Diskussion stehen die Überschneidung und Ineinanderfaltung des Performativen mit verschiedenen Kunstgattungen wie Skulptur, Installation und Film. Mit Texten u.a. von: Philip Auslander, Raphael Gygax, Babette Mangolte, Heike Munder.
Öffnungszeiten: Di/Mi/Fr 12 – 18 Uhr, Donnerstag 12 – 20 Uhr, Sa und So 11 – 17 Uhr,
While Bodies Get Mirrored – an Exhibition
about Movement, Formalism and Space
6. März bis 30. Mai 2010
Eröffnung: Fr 5. März 2010, 18 Uhr
Migros Museum für Gegenwartskunst
Limmatstrasse 270
8005 Zürich
0041 (0)44 277 20 50
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