Freitag, 12. November 2010

Das weiße Gold der Königin

Juwelen- oder Kosmetikdöschen; Ceylon, Kandy, spätes 16. Jh.; Elfenbein, Silber, Kupfer. © Museum für Asiatische Kunst, Kunstsammlung für Süd-, Südost- und Zentralasien, Berlin; Foto: Jürgen Liepe

Zürich.- Elefenbein gehört seit Jahrhunderten in die Schatzkammern der Könige, leider. Denn es hat einige Elefantenpobulationen an den Rand der Ausrottung gebracht. Eine Ausstellung im Museum Rietberg in Zürich beschäftigt sich vom 28. November 2010 bis 13. März 2011 mit dem weißen Gold und einem bestimmten Teil seiner Geschichte, nämlich den Handelsbeziehungen zweichen Portugal und Sri Lanka.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen kostbare Elfenbeinschnitzereien aus dem Besitz der portugiesischen Königin Katharina von Österreich (1507–1578). Daneben sind weitere Kunstkammerobjekte wie Waffen oder Schmuck zu sehen. Einen besonderen Platz nehmen die Portraits der portugiesischen Könige, der Habsburger Neffen und der Kinder von Katharina ein. Als Höhepunkt gilt das bis vor kurzem unbekannte Bild des jungen Prinzen Sebastian, das über Jahrhunderte unter einem falschen Titel in Wien im Schloss Schönbrunn ausgestellt war. Die Leihgaben, oft erstmals überhaupt ausgestellt, stammen von führenden Museen in Europa und privaten Sammlern in London, Wien, Paris, Madrid, Lissabon und Berlin.

Im Jahr 1506 landen die Portugiesen in Ceylon, dem heutigen Sri Lanka. Mit der Entdeckung des Seeweges fällt der Zwischenhandel des bisherigen Landwegs weg. In Folge dieser direkten Verbindung etablieren sie intensive Handelsbeziehungen mit dem Königreich von Kotte im Süden Ceylons: Exklusive Waren wie Elefanten, Edelhölzer, Gewürze wie Zimt, und Edelsteine gelangen von nun an nach Europa.Als besonders faszinierendes Beispiel dieses Handels stehen kostbare Elfenbeinschnitzereien aus dem Besitz der portugiesischen Königin Katharina von Österreich (1507–1578) im Mittelpunkt der Ausstellung: Elfenbeintruhen versehen mit Gold und Edelsteinen oder grossflächige Fächer mit Blättern aus hauchdünnem Elfenbein. Die einstigen Prestige- und Luxusobjekte bezaubern aufgrund ihrer aussergewöhnlichen Schönheit und geheimnisvollen Ikonografie. Um 1518 war Ceylon eine wichtige Zwischenstation auf der portugiesischen Handelsroute nach Ostasien. Die ausgestellten Elfenbeine waren diplomatische Geschenke für den Hof in Lissabon, vor allem für Katharina von Österreich, Königin von Portugal. Die Elfenbeine belegen nicht nur das hohe handwerkliche, künstlerische Können der damaligen Elfenbeinschnitzer in Kotte.

Sie sind auch Zeugen der ungewöhnlichen politischen und kulturellen Verbindungen zwischen Portugal und Sri Lanka. Denn sie repräsentieren zum einen Macht und Herrschaftsanspruch des portugiesischen Hofs und der Seemacht Portugal mit ihrem Zentrum im indischen Goa; auf der anderen Seite stehen sie auch für die erste Botschaft eines asiatischen Landes in Europa: 1542 erreichte der Botschafter Sri Radaraska Pandita, ein brahmanischer Priester aus Kotte, den Hof von Lissabon. In dieser Zeit gelangten weitere kostbare Elfenbeine als Luxusartikel nach Europa. Besonders interessant ist, dass die Elfenbeinschnitzereien neben lokalen Motiven oft Ausschnitte aus Werken europäischer Malerei und Druckkunst zeigen. Diese aus Europa importierten Vorlagen zeugen von einer einzigartigen Verbindung von Ost und West, von christlichen, buddhistischen und hinduistischen Bildwelten.

Die Elfenbeine gehörten zu den kostbarsten Objekten, die jemals vom portugiesischen Hof gesammelt wurden. Aufgrund des Materials, der elaborierten Dekoration (Goldschmiedearbeiten mit eingesetzten Edelsteinen) und der fantastischen Schnitzereien galten Ceylonesische Elfenbeine als exklusivste Exotica, die man überhaupt in der Renaissance besitzen konnte. Europäische Herrschaftshäuser, allen voran die Habsburger, buhlten um die besten Objekte. Zusammen mit anderen Erwerbungen wie Gemälden, Portraits, Flämischen Teppichen und Juwelen bildeten die Elfenbeine das Herz der königlichen Kunst- und Wunderkammern - den Vorläufern unserer heutigen Museen.

In der Mitte des 16. Jahrhunderts galten die Habsburger Sammler als Kenner von Exotica, Kuriositäten und Luxusartikeln aus aller Welt, aus Afrika, Asien, dem Fernen Osten, und Amerika. Sie erstanden sie auf den Märkten von Lissabon, Sevilla, Goa, Malacca, Macao und in Mexiko. Die Begeisterung der Habsburger kannte keine finanziellen Grenzen beim Erwerb der seltenen Objekte. Für sie waren ihre Sammlungen Symbole ihrer Herrschaft über die Welt. Am deutlichsten veranschaulicht das die Kunstkammer von Rudolf II. in Prag, dem Grossneffen von Katharina. Die Ausstellung thematisiert den exquisiten Geschmack von Katharina sowie ihre Beziehungen zu den Habsburger Höfen von Wien, Innsbruck, Prag, Brüssel, Madrid und München. Familienportraits der berühmten Hofmaler Anthonis Mor und Alonso Sánchez Coello, von denen einige noch nie gezeigt wurden, sind weitere Highlights der Ausstellung.

Ein spezieller Aspekt dieser Ausstellung ist die Entstehung der Menagerien in der Renaissance-Zeit. Das Sammeln von unbekannten, bizarren Tieren war eine essentielle Komponente des höfischen Prunks. Botanische Gärten und Menagerien wurden zu Anhängseln der Kunstkammern. Sie dienten den Königshäusern zur Unterhaltung, zum Staunen und zum Zeitvertreib. Zugleich waren sie Symbole der Macht und zeugten von Prestige.

Die spektakulärsten Geschenke, die der portugiesische Hof erhielt, waren lebendige Elefanten, die in Kotte in Gefangenschaft aufgezogen wurden. Die Dickhäuter ergänzten die Geschenke an Elfenbeinschnitzereien. Nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama im Jahre 1498 setzte König Manuel I. einen neuen Trend im Europa der Renaissance. Er imitierte indische Fürsten und sammelte Staatselefanten. Als lebendige Trophäen unterstrichen sie seine Magnifizenz und Grösse. Johann III. und Katharina von Österreich setzten diesen Trend fort.

Letzere sollte eine Schlüsselrolle einnehmen im Erwerben und Verschenken von seltenen Tieren für ihre Habsburger Familie in Spanien, Zentraleuropa und den Niederlanden. Katharina schenkte ihrem Neffen Kaiser Maximilian II. zwischen 1552 und 1563 zwei junge ceylonesische Elefantenbullen. Der eine Dickhäuter mit dem Spitznamen Suleyman war der erste Elefant, den man in Österreich jemals sah. Der jüngst verstorbene Literatur-Nobelpreisträger José Saramago setzte diesem Elefanten mit seinem letzten Buch «Die Reise des Elefanten» ein Denkmal.

Publikationen: «Elfenbeine aus Ceylon: Luxusgüter der Renaissance». Annemarie Jordan Gschwend und Johannes Beltz (Hrsg.). 168 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen, 30,5 x 23 cm, mit einer Karte, Bibliografie, Klappbroschur, fadengeheftet. Subskriptionspreis bis 13. März 2011: CHF 56, EUR (D) 40; danach CHF 75, EUR (D) 54. Erscheinungsdatum: Ende November 2010.

Öffnungszeiten: Di bis So 10 – 17 Uhr, Mi und Do 10 – 20 Uhr, Montag geschlossen

Elfenbeine aus Ceylon
Luxusgüter der Renaissance
28. November 2010 bis 13. März 2011
Museum Rietberg
Gablerstrasse 15
CH - 8002 Zürich
0041 (0)44 206 31 31
museum.rietberg@zuerich.ch
http://www.rietberg.ch

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