Freitag, 15. April 2011

Wunschkinder - Gottes oder Teufels Werk?

Freiburg.- Vom 20. bis 22. Mai verwandelt sich das Theater Freiburg auf allen Ebenen in ein Forschungslabor zum Thema "Wunschkinder". Gefördert von der Kulturstiftung des Bundes und in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universität Freiburg haben sich Theatermacher, Wissenschaftler und Laien im letzten halben Jahr mit dem brisanten Thema "Technisierung der menschlichen Fortpflanzung" auseinandergesetzt. Am Wunschkinder-Wochenende im Mai präsentiert das Theater Gesprächsrunden mit namhaften Experten, szenische Lesungen und natürlich Theaterstücke (u.a. in der Regie von Boris Nikitin) zum Thema.

In der spannungsreichen Beziehung zwischen wissenschaftlicher Debatte und individuellen Erfahrungsberichten entstehen ungewöhnliche, lebensnahe Einsichten im Sinne einer »narrativen Bioethik«. Ärzte, Juristen, Samenspender, Theologen, Filmemacher, Soziologen, Philosophen und Betroffene versuchen ihre Perspektiven in Diskussionen und Gesprächsforen miteinander abzugleichen, um Handlungsspielräume auszuloten und Grenzen zu formulieren.

»Wunschkinder« ist das zweite Diskursprojekt am Theater Freiburg. Die Kulturstiftung des Bundes förderte bereits 2009 das sehr erfolgreiche Projekt »Die Optimierung des menschlichen Gehirns« mit 60 Schülern, Ethikern, Wissenschaftlern und Künstlern.

Alle Informationen finden Sie auch auf www.wunschkinderprojekt.de sowie auf http://wunschkinderprojekt.files.wordpress.com/2011/04/wunschkinder_programm_w2.pdf

Das Programm
Freitag, 20.5.
18 Uhr, Großes Haus: Begrüßung, Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Otfried Höffe: »Wunschkind? Wunschkind! Philosophische Überlegungen.«
20 Uhr, Kleines Haus: Premiere »Diese Kinder sind in Ordnung« (Regie: Boris Nikitin)
20 Uhr, verschiedene Spielstätten: Performances »Designerbabys«; »Unerfüllter Kinderwunsch«
21 Uhr: Szenische Lesung »Die Unmöglichen« nach dem Hörspiel von Julian Kamphausen und Paul Plamper

Samstag, 21.5.
9.30 Uhr, Winterer-Foyer: Vortrag von Prof. Dr. Jan-Steffen Krüssel: »Aktuelle Tendenzen und kommende Entwicklungen in der Reproduktionsmedizin«
12 bis 22 Uhr, verschiedene Spielstätten: Premieren der Performances »Baby mit 50« und »Leihmütter, Samenspender, Google-Babys«; Vorstellungen der Performances »Diese Kinder sind in Ordnung«, »Designerbabys«, »Unerfüllter Kinderwunsch«; außerdem Filme und Gesprächsrunden.
16 Uhr, Winterer-Foyer: Vortrag von Prof. Dr. Monika Frommel: »Die Gesetzgebung wird widersprüchlich beim Embryonenschutzgesetz«
ab 19.30 Uhr: Szenische Lesungen »Die Kopien« von Caryl Churchill, »Natürliche Auslese« von Paul Jenkins

Sonntag, 22.5.
11 Uhr, Kleines Haus: Vortrag von Prof. Dr. Eva Illouz: »Mutterschaft und Familie – Soziologische Perspektiven« (auf Englisch mit Übersetzung)
12.30 Uhr, verschiedene Spielstätten: Vorstellungen der Performances »Designerbabys«, »Baby mit 50« und »Leihmütter, Samenspender, Google-Babys«
14 Uhr, Winterer-Foyer: Abschlussveranstaltung
Preise: Tagesticket 12 €, erm. 8 €. Gesamtticket 22 €, erm. 15 €. Schüler 8 €

Die Theaterperformances:
Diese Kinder sind in Ordnung
Mit Rebecca Klingenberg; Gabriel von Berlepsch, Konrad Singer
(Regie: Boris Nikitin)

Baby mit 50 – Erst Karriere, dann Kinderkriegen?
Ausgehend von den Extremfällen von heute – Gianna Nannini (1. Baby mit 54), Eva (1.Baby mit 48), Dominique C. (1. Baby mit 64) und diversen ganz normalen Vätern über 50, machen sich sieben Frauen zwischen 17 und 80 auf den Weg in die Zukunft: das Speichern von Fruchtbarkeitsreserven, wie z.B. Egg-Freezing und Eizellenspenden, sind Normalität. Unsere Lebensläufe und Familienmodelle sind dadurch neu strukturiert, der Begriff der MUTTER ist ein völlig anderer, er verteilt sich auf mehrere Bezugspersonen. Der Lebenslauf einer Frau wird endlich nicht mehr von ihrer biologischen Uhr bestimmt, sondern der Freiheit, wirklich ihr eigenes Leben in die Hand nehmen zu können. Karriere und Selbstverwirklichung müssen nicht mehr getrennt werden von Familie und Kind!
Künstlerische Leitung: Katrin Hentschel / Dramaturgie: Viola Hasselberg / Wissenschaftliche Beratung: Claudia Bozzaro, Dr. Oliver Müller

Designerbabys – Was für ein Kind will ich haben?
Was für ein Kind möchte ich? Welche Eigenschaften soll es haben? Werden diese Fragen in naher Zukunft für Menschen mit Kinderwunsch selbstverständlich sein? Durch die rasanten Fortschritte in der humangenetischen Forschung und die wachsenden Möglichkeiten vorgeburtlicher Diagnostik und Manipulation zielt die ethische Frage, wer wir als Gattung sind und sein möchten, auf vorpersonales Leben, auf das Stadium des Achtzellers und könnte im Labor beantwortet werden. Elf Darsteller begeben sich stellvertretend für uns alle in einen Fragendschungel und auf eine internationale Themenreise, die auf La Gomera beginnt: Hier brach Ingrids Krankheit aus. Im Rollstuhl übernimmt sie die Reiseleitung zur dänischen Storchenklinik, zur staatlich finanzierten Präimplantationsdiagnostik (PID) in Israel, zu dem deutschen Frauenarzt Bloechle, der sich selbst anzeigte. Ein Designerbaby klagt seine Eltern an, ein Biologiestudent exportiert improvisierte Humangenetiklabore als Exportschlager nach Brasilien, ein Paar wünscht sich die künstliche Befruchtung bei zeitgleichem sexuellen Höhepunkt und ein junger Mann mit andersartiger Begabung bringt alle wieder zur Vernunft.
Künstlerische Leitung: Jessica Glause / Dramaturgie: Ruth Feindel / Wissenschaftliche Beratung: Tobias Eichinger
Unerfüllter Kinderwunsch – Ein technisch lösbares Problem?
»Wie weit würden Sie gehen, um ein eigenes Kind zu bekommen?« Diese Fragestellung steht am Beginn eines 90minütigen Parcours durch ein Labyrinth gesellschaftlicher Tabus, wiederkehrender Enttäuschungen, reproduktionsmedizinischer Behandlungsangebote im In- und Ausland, individueller Konfliktsituationen und geweckter Hoffnungen. Die Zuschauer begeben sich paarweise auf eine Reise mit ungewissem Ausgang.
Künstlerische Leitung: Frank Oberhäußer / Dramaturgie: Heike Müller-Merten / Wissenschaftliche Beratung: Dr. Jochen Boldt

Leihmütter, Samenspender, Google-Babys – Kind auf Bestellung?
Zweihundert Kinder haben? Geburten outsourcen? Sich eine Familie aus dem Katalog zusammenstellen? Alles möglich! In der Regel kostet es nur etwas Geld und Geduld. Ist das pervers? Ist das legitim? Meine Mutter hat mich als Eizelle vor fünfzig Jahren einfrieren lassen. Vor zwanzig Jahren hat ihr Enkel die Eizelle mit seinem Sperma befruchtet. Meine Mutter ist also meine Großmutter und mein Vater ist mein Neffe. Sind Schicksale wie dieses bald Normalität? Meine Tochter sieht aus wie ich! Mein Vater gleicht mir! Gehören diese Sätze bald der Vergangenheit an? »Leihmütter Samenspender Googlebabies« untersucht die Erschütterung der Identitäten unter reproduktionsmedizinischen Vorzeichen. Was ist natürlich, welches Schicksal akzeptiere ich als Schicksal und wo bestimme ich?
Künstlerische Leitung: Andreas Liebmann / Dramaturgie: Josef Mackert / Wissenschaftliche Beratung: Uta Bittner

Außerdem:
Gesprächsrunden u. a. mit: Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff (kath. Moraltheologe), Ed Houben (Samenspender aus Holland), Martin Spiewak (Wissenschaftsjournalist der ZEIT), Josephine Johnston (Bioethikerin / Juristin am Hastings Center, New York, USA), Prof. Dr. Johannes Huinink (Soziologe), Zippi Brand Frank (Regisseurin des Films »google baby«), Prof. Dr. Giovanni Maio (Bioethiker) und Freiburger Reproduktionsmedizinern

Allerlei Zweifel in der Eifel

Wer noch immer glaubt, Liebe und Mordlust haben nichts miteinander zu tun, wird vom Leben manchmal eines Besseren belehrt. Und wenn dann auc...