© Thomas Ott, Strapazin Nr. 50; 1998 |
Das fast dreissigjährige Strapazin ist eines der weltweit langlebigsten unabhängigen Comicmagazine, und auch ein ausgesprochen einflussreiches: Seine Geschichte reflektiert nicht zuletzt die Entstehung und Entwicklung einer neuen deutschsprachigen Comicszene. 1984 in München gegründet, geht der Münchner Verlag bereits nach der ersten Nummer Konkurs. Die Zürcher Szene um David Basler rettet das tonangebende Magazin. Strapazin war und ist das hiesige Sprachrohr nach innen und aussen und Antenne für Bewegungen im anderssprachigen (inter)nationalen Comicuniversum. Seit der Lancierung von Strapazin ist der deutschsprachige Comic einen weiten Weg von der Insiderkultur zum Mainstream gegangen und die heute breit gelesenen Graphic Novels werden in grossen Verlagen publiziert.
Der Comic hat sich als zeitgemässe künstlerische Ausdrucksform mit hohem inhaltlichem und ästhetischem Potenzial etabliert. Graphic Novels werden im Feuilleton besprochen und finden Eingang in Literaturhäuser und Museen. Diese Entwicklung wurde ermöglicht und begünstigt durch Labors, in denen Zeichner und Autoren abseits des Mainstreams und ohne kommerziellen Druck experimentieren, spielen und Neues ausprobieren konnten. Im deutschsprachigen Raum spielt bis heute vor allem das in Zürich beheimatete Magazin Strapazin diese Rolle. Seit seinen Anfängen 1984 vertritt Strapazin eine klare Haltung: keine Mainstream-Kost, sondern gestalterisch und erzählerisch avancierte Bildwelten.
Die Schweizer Jugendbewegung der frühen Achtzigerjahre und die Blütezeit der alternativen Presse spielt für die Gründung von Strapazin eine grosse Rolle. In dieser freien Presse ist fast die gesamte Gründergeneration von Strapazin engagiert. Art Spiegelmans Anthologie RAW, die ab 1980 die amerikanische und europäische Avantgarde um sich schart, bietet Inspiration. Wesentlich für das ästhetische Selbstverständnis von Strapazin wurde eine Riege von Zürcher Zeichnerinnen und Zeichnern, die schon bald unter der griffigen Marke «Zürcher Schule» zusammengefasst wurde: Thomas Ott, Ursula Fürst, Beat Zgraggen, Andrea Caprez und Peter Bäder.
In den Neunzigerjahren entstand erstmals eine eigenständige deutschsprachige Comicszene, die auch international wahrgenommen wurde und stilprägend wirkte – in ganz Europa, aber auch in den USA und in Asien. Auch am Anfang dieser Phase stand ein politisches Ereignis: der Fall der Berliner Mauer im Herbst 1989. Das Heft erhält neue Impulse, es bilden sich Kontakte zu Zeichnerinnen und Zeichnern wie etwa Anke Feuchtenberger und ATAK aus der ehemaligen DDR. Das noch spontane und chaotische Heft professionalisiert sich zunehmend, wird zur
eigentlichen Plattform für diese Szene, die sich selbstbewusst zwischen Comicheft und Kunstgalerie tummelt. Das Fehlen einer einheimischen Comictradition entpuppt sich als Chance, eine eigene Sprache zu schaffen, die sich bewusst vom klassischen Comic-Storytelling in Richtung experimentellen und visuellen Erzählens entwickelt und etwas Originäres und Aufregendes in den Comic bringt.
Die neue Generation deutschsprachiger Comicautoren grenzt sich von den Avantgardisten der Neunzigerjahre ab und legt grossen Wert auf gut erzählte Geschichten, die im eigenen Leben
oder im Gesellschaftlichen, Zeitgeschichtlichen oder Politischen verankert sind. Parallel zum erzählerischen Aufbruch entwickeln sich aber auch andere Formen des Erzählens in Bildern. Die Grenzen zwischen Comic, Illustration und Kunst lösen sich auf, und in diesem Spannungsfeld wird der Comic zum Einzelbild, und die Zeichnung beginnt zu erzählen. Eine wichtige Rolle spielen die Kunsthochschulen. In Hamburg, Berlin, Kassel oder Luzern wirken heute Strapazin-Autoren als Dozenten an Kunsthochschulen. Sie geben dem Comic mehr Raum und fördern gezielt junge Talente.
Öffnungszeiten: Di bis Fr 14 - 18 Uhr, Sa und So 11 - 18 Uhr
Comics Deluxe!
Das Comicmagazin Strapazin
10. November 2012 bis 3. März 2013
Vernissage: Fr 9. November 12, 18.30 Uhr
Cartoon Museum Basel
St. Alban-Vorstadt 28
CH - 4052 Basel
T: 0041 (0)61 22633-60
info@cartoonmuseum.ch
http://www.cartoonmuseum.ch
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